Das Grosse Schauspielhaus
Friedrichstraße 107
Die Bühnengeschichte des Friedrichstadt-Palastes begann 1919 mit der
Gründung des Großen Schauspielhauses. Den Weltruhm dieser Berliner
Unterhaltungsbühne begründeten drei herausragende Künstler:
Max Reinhardt, Hans Poelzig und Erik Charell.
Alle drei verloren ab 1933 durch die Nationalsozialisten ihre Wirkungs-
möglichkeiten in Deutschland. Reinhardt und Charell gingen wegen ihrer
jüdischen Herkunft ins Exil. Charell war als Homosexueller zusätzlich
gefährdet. In den folgenden dunklen Jahren der deutschen Geschichte
erlosch ihr Lichtschein auf dieser und anderen Bühnen in Hitlers »Drittem
Reich«.
1918
Im Auftrag Max Reinhardts verwandelt sich der Circus Schumann,
der zwischen Schiffbauerdamm und der heutigen Reinhardtstraße
liegt, in das modernste Theater Europas mit 3.200 Sitzplätzen.
Der Architekt Hans Poelzig schafft mit seiner expressionistischen
Formensprache eine Ikone der Architektur, die als »Tropfsteinhöhle«
berühmt wird.
1919
Am 28. November eröffnet das Große Schauspielhaus mit Rein-
hardts gefeierter Masseninszenierung der »Orestie« des Aischylos.
1924
Mit der Umwidmung zum Unterhaltungstheater holt Erik Charell,
der neue Theaterleiter, den Glamour großer Broadway-Shows nach
Berlin und verschmilzt ihn mit intelligentem Witz zu einem typischen
Berliner Revuestil.
1933
Die Nationalsozialisten enteignen das Haus und stellen es als
»Theater des Volkes« unter die Aufsicht des Reichspropaganda-
ministeriums. Alle jüdischen Künstler*innen und Mitarbeiterinnen
verlieren ihre Arbeit. Poelzigs Tropfsteinhöhle, nun als »entartete
Architektur« diffamiert, wird 1938 zerstört bzw. überbaut.
1945
Wiedereröffnung kurz nach dem Ende des II. Weltkrieges.
1947
Umbenennung in Friedrichstadt-Palast am 1. November. Der Palast
entwickelt sich zur zentralen Unterhaltungsbühne der DDR.
1980
Der alte Theaterbau muss aus statischen Gründen geschlossen und
später abgerissen werden.
1984
Der Friedrichstadt-Palast wird am heutigen Standort durch einen
Neubau im Stil der Sozialistischen Postmoderne ersetzt und am
27. April eröffnet. Heute gilt er als größtes und modernstes Unter-
haltungstheater Europas.
The history of the Friedrichstadt-Palast theatre begins in 1919 with the foun-
dation of the Großes Schauspielhaus (Great Theatre). This Berlin entertain
ment theatre achieved world fame thanks to three outstanding artists:
Max Reinhardt, Hans Poelzig and Erik Charell.
From 1933, the National Socialists denied all three the ability to work in
Germany. Reinhardt and Charell went into exile because of their Jewish
origins. Charell was in additional danger because of his homosexuality.
In the dark years of German history that followed, their light was extin
guished on this and other stages in Hitler’s »Third Reich«. The memorial is
dedicated to these three artists.
1918
On Reinhardt’s instructions, the Schumann circus arena, situated
between Schiffbauerdamm and present-day Reinhardtstraße, is
transformed into the most state-of-the-art theatre in Europe, with
a seating capacity of 3,200. The architect Hans Poelzig, with his
expressionist formal vocabulary, creates an architectural icon that
becomes famous as the »Tropfsteinhöhle« or »Stalactite Cave«.
1919
On 28 November, the Großes Schauspielhaus opens with Max Rein
hardt’s celebrated large-scale production of Aeschylus' Oresteia.
1924
Now rededicated as an entertainment theatre, new theatre director
Erik Charell brings the glamour of big Broadway shows to Berlin.
Fusing this glamour with intelligent humour, he creates a typical
Berlin revue style.
1933
The Nazis take over the theatre, rename it »Theatre of the People«,
and place it under the supervision of the Reich Propaganda Ministry.
All Jewish artists and employees lose their jobs. Poelzig's Stalactite
Cave, defamed as being »degenerate architecture«, is destroyed
and overbuilt in 1938.
1945
The theatre reopens shortly after the end of World War II.
1947
It is renamed the Friedrichstadt-Palast on 1 November. The Palast
was to become the central entertainment stage in the GDR.
1980
For structural reasons, the old theatre building is forced to close
and subsequently demolished.
1984
The old Friedrichstadt-Palast is replaced by a new building – in
Socialist Postmodern style – at the current location. It opens on
27 April. Today it is the largest and most state-of-the-art enter
tainment theatre in Europe.
Das Denkzeichen für die Gründungsväter des Friedrichstadt-Palastes wurde 2015 feierlich enthüllt. Unter den Gästen waren Kulturstaatssekretär Tim Renner, Prof., Dr. Christoph Stölzl (Präsident der Hochschule Franz Liszt, Weimar), der Künstler und die Künstlerin Oliver Störmer und Cisca Bogman (stoebo) und Peter A. Poelzig, der Enkel des geehrten expressionistischen Architekten.
Im Zentrum des Gedenkortes steht die aus Gusseisen gefertigte Skulptur des Berliner Kunstduos stoebo, bestehend aus Oliver Störmer und Cisca Bogman. Sie trägt den Titel CAST.
Neben der Skulptur befindet sein Betonquader mit eingravierten Gedenktafeln für Max Reinhardt, Hans Poelzig und Erik Charell sowie eine Infotafel zu der Bühnengeschichte des heutigen Friedrichstadt-Palastes.
Oben auf der Infotafel befindet sich eine Abbildung des Innenraums des Großen Schauspielhauses, darunter die Bildunterschrift:
Innenraum Großes Schauspielhaus mit »Tropfsteinhöhle«
Interior of the Great Theatre with »Stalactite Cave«
Quelle: Architekturmuseum TU Berlin, Inv. Nr. F 1604
Fotoatelier Ernst Wasmuth Verlag Berlin