zurück zur Suche
Insel Schwanenwerder – Eine Insel als Villenkolonie
Insel Schwanenwerder – Eine Insel als Villenkolonie

Insel Schwanenwerder – Eine Insel als Villenkolonie

Inselstraße

INSEL
SCHWANENWERDER
Eine Insel als Villenkolonie
Friedrich Wilhelm Wessel, ein wohlhabender
Petroleumlampenfabrikant, der eine Villa
am hoch gelegenen Wannseeufer besaß
und täglich auf die damals noch „Cladower
Sandwerder“ genannte Insel herabblicken
konnte, erwarb 1882 das von der Havel
umgebene Eiland vom Rittergutsbesitzer
Hugo von Platen. Er ließ die Inselfläche erheblich aufschütten
und parzellieren. Die Einzelgrundstücke bot er zum Kauf und zum
Bau von Landhäusern an. Schwanenwerder war ein typisches
Spekulationsprojekt der Gründerzeit.
Gleichzeitig wollte Wessel etwas Einmaliges
schaffen. Die gesamte Insel sollte dem
Zeitgeschmack entsprechend zu einem Ort
romantischer Inszenierung in üppiger Natur
werden. Zu diesem Zweck gab der Insel-
besitzer den Bau eines großflächig ange-
legten Gemeinschaftsparks mit abwechs-
lungsreichem Baum- und Strauchbestand
in Auftrag. Er ließ Skulpturen aufstellen,
darunter auch ein Fragment aus dem
Pariser Schloss, die „Tuilerien-Säule“. Sichtachsen bezogen die
umgebende Havellandschaft in die künstlich geschaffene Natur-
szenerie ein.
Friedrich Wilhelm Wessel beantragte, seine
Insel „Schwanenwerder“ nennen zu dürfen,
was ihm erst 1901 vom Kaiser genehmigt
wurde. Der neue Name entsprach der
Exklusivität des Ortes. Die Insel sollte das
bürgerliche Gegenstück zur gegenüber-
liegenden kaiserlichen Pfaueninsel sein.
Die künftigen Bauherren durften die Grund-
stücke nur zu privaten Wohnzwecken
nutzen, selbst der Betrieb von Gaststätten
oder Heilanstalten war untersagt. Dadurch
wurde der Charakter der Insel als Rückzugsraum unterstrichen.
Wegen der Abgeschiedenheit und fehlender Infrastruktur kam
der Grundstücksverkauf jedoch nur schleppend voran. Um 1900
waren nur vier Parzellen bebaut. Obwohl
Wessel eine hölzerne Brücke als Verbindung
zum Festland erbauen und einen Straßen-
zubringer anlegen ließ, blieb die Kutschfahrt
nach Berlin ein unbequemes und zeitauf-
wändiges Unterfangen. Mit dem Bau der
Wannseebahn und der Eröffnung des Bahn-
hofs Nikolassee im Jahr 1902 verbesserte
sich die Verkehrssituation. Der Bau moderner
Anlagen zur Wasser- und Stromversorgung
kam nach der Jahrhundertwende zur Aus-
führung. 1901 wurde ein eigener Wasserturm mit Dampf-
maschinenhaus in Betrieb genommen.
Erst den Söhnen des Inselbesitzers, Franz und Hermann Wessel,
beide Architekten und gemeinsam Inhaber eines großen Bau-
unternehmens, gelang es, die Grundstücke mit Gewinn an
Industrielle und Bankiers zu verkaufen. Bis Mitte der 1930er Jahre
errichteten namhafte Architekten ein gutes Dutzend großer Land-
häuser und weitläufiger Gartenanlagen. Franz Wessel ließ sich nach
eigenen Plänen ein Landhaus auf der Parzelle Inselstraße 9/39
bauen. Sein Bruder Hermann zog auf das Nachbargrundstück
Inselstraße 37 und nannte sein Anwesen „Schwanenhof“. Als
ältestes Relikt der Bebauung Schwanenwerders ist er bis heute
weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben.

An exclusive residental island
Friedrich Wilhelm Wessel, a wealthy oil lamp
manufacturer, owned a villa on the shore of
the Wannsee which overlooked the island
then known as Cladower Sandwerder. In
1882 he bought the island in the river Havel
from landlord Hugo von Platen. Wessel had the land raised and
divided into plots, which he offered for sale as building land for
exclusive properties. Schwanenwerder was a speculative venture
typical of the years of Germany’s rapid
industrial expansion.
But Wessel also wanted to create something
unique. In keeping with the day’s romantic
tastes, the entire island was to become an
idyllic setting within lush vegetation. An
extensive park was built with a varied stock
of trees and shrubs, which was open to all
the islands’ residents. Sculptures were
installed, including a fragment of the royal
palace in Paris, the “Tuileries column”.
Avenues were laid out to provide vistas of the surrounding river
scenery as a backdrop to the island’s artificially created landscape.
Wessel’s application to rename his island “Schwanenwerder”
(“Swan River Island”) was finally approved
by the Kaiser in 1901. The new name re-
flected the exclusivity of the location, which
was intended to form a civilian counterpart
to the imperial “Pfaueninsel” (“Peacock
Island”) lying opposite. The land was strictly
for private residential purposes only. Any
kind of business – even catering and health-
care – was prohibited to ensure that the
island remained a place of retreat.
However, its secluded location and lack of infrastructure
discouraged many potential buyers. By 1900, only four plots
had been sold and built on. Although Wessel had a wooden
bridge and approach road built to connect the island with the
mainland, the coach journey from Berlin
remained time-consuming and uncom-
fortable. The island’s transport connections
improved when the suburban railway to
Wannsee was built and Nikolassee station
opened in 1902. After the turn of the
century, modern water and electricity
installations were added. In 1901, a water
tower with a steam-powered pump house
started operating on the island.
Wessel’s sons, Franz and Hermann Wessel, both architects and
co-owners of a large construction company, finally managed to
sell the remaining plots of land at a profit to industrialists and
bankers. By the mid-1930s, some dozen large country houses
and extensive gardens had been built by renowned architects.
Franz Wessel had a country house built on the plot at Insel
Strasse 9/39 according to his own designs. His brother Hermann
moved into a house on the neighbouring plot, Insel Strasse 37,
and named it Schwanenhof (“Swan Court”). This building, which
is still largely in its original state, is the oldest remaining relic
of the island’s development.

Die hintereinander an der Gabelung der Inselstraße aufgestellten fünf Stelen sind ein Projekt des Vereins Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. im Auftrag des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten in Kooperation mit dem Kulturamt Steglitz-Zehlendorf. Das Design der Tafeln lag in den Händen von Helga Lieser. Die Enthüllung erfolgte am Nachmittag des 30.4.2013. Es sprachen Kulturstaatssekretär André Schmitz, die Vorsitzende des Vereins, Christine Fischer-Detroy, und der Inselbewohner und ehemalige Berliner Polizeipräsident Georg Schertz.

Alle fünf Tafeln haben Inschriften in deutscher und englischer Sprache. Entsprechend sind auch die Abbildungen beschriftet. Sie lauten hier von oben nach unten:
Parzellierungsplan
um 1900
Sales and parcelling
plan, around 1900

Familie Wessel
um 1890
Family Wessel
around 1900

Inselzufahrt
mit Wasserturm
um 1910
Road to the island
and water tower
around 1910

Luftaufnahme
um 1935
Aerial view
around 1935

zurück