Insel Schwanenwerder – Die Bewohner
Inselstraße
SCHWANENWERDER
Die Bewohner
Die Käufer der Parzellen waren mehrheitlich
Berliner Industrielle und Bankiers. Bis zum
Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914
verbrachten – neben den Brüdern Wessel –
allerdings erst ein knappes Dutzend Grund-
stückseigentümer mit ihren Familien das Som-
merhalbjahr auf der Insel. Zu ihnen gehörten: Waldemar
Lohse, Besitzer einer chemischen Fabrik; Dr.
Hans Quilitz, Inhaber einer großen Glashütte
für chemische Apparate; Prof. Dr. Fedor Krause,
Chirurg und Chefarzt des Augusta-Hospitals;
Berthold Israel, Kaufhausbesitzer; Dr. Walter
Sobernheim, Generaldirektor der Schultheiss-
Patzenhofer Brauerei; Dr. Arthur Salomonsohn
und Dr. Georg Solmssen, Bankiers und Mit-
inhaber der Disconto-Gesellschaft; Dr. Eduard
Mosler, Inhaber der Berliner Handelsgesell-
schaft, und Dr. Oscar Wassermann, Vorstandsmitglied der
Deutschen Bank.
Die Gesamteinwohnerzahl Schwanenwerders
lag um 1910 bei über achtzig Personen. Neben
den Familien der Eigentümer lebte eine große
Anzahl Hausangestellter auf der Insel. So
beschäftigte der Chemieindustrielle Lohse
mit Ehefrau und vier Kindern ein elfköpfiges
Personal, darunter Haus- und Kindermädchen,
Koch, Gärtner, Kutscher und Bootsführer.
Nicht nur die Anwesenheit von vier Bankiers
des später fusionierten Geldinstituts „Deutsche Bank und
Disconto-Gesellschaft“ deutet auf die engen
Verflechtungen zwischen den Inselbewohnern
hin. Man besuchte sich gegenseitig und empfing
hohen Besuch aus Politik und Wirtschaft. Die
Abgeschiedenheit der Insel war hierfür bestens
geeignet. Nur wer ausdrücklich geladen war,
konnte Einblick in das exklusive Leben
nehmen.
Nach dem Ersten Weltkrieg ließen sich weitere
prominente Mitglieder der Jüdischen Gemeinde
Berlins auf Schwanenwerder nieder. Zu dieser Gruppe gehörten:
Samuel Goldschmidt, Bankier und Direktor
des Bankhauses Goldschmidt-Rothschild;
Dr. Werner Feilchenfeld, Wirtschaftsberater
und Syndikus der Berliner Industrie- und
Handelskammer; Alfred Gugenheim, Textil-
kaufmann; Dr. Herbert Gidion, Landgerichtsrat,
und Leo Goldstaub, Zeitungsverleger.
Insgesamt gehörten von den 15 Anwesen auf
Schwanenwerder, die 1930 im Amtlichen Adress-
buch Berlins aufgeführt wurden, neun jüdischen
Eigentümern. Trotz unterschiedlicher Namen entstammten sie ent-
weder einer Familie (Salomonsohn, Solmssen
oder Goldschmidt, Goldschmidt-Rothschild),
trugen Verantwortung im selben Bankhaus
(Salomonsohn, Solmssen, Mosler, Schlitter,
Wassermann) oder saßen in der Leitung
des gleichen Unternehmens Michels & Cie
(Feilchenfeld, Gugenheim). Zudem gehörten
sie, vergleicht man ihre Geburtsjahrgänge, der
selben Generation an. Neben der Möglichkeit,
Beziehungen und Freundschaften zu pflegen,
sprach für Schwanenwerder als Wohnort ohne Zweifel die Aus-
sicht, hier einen Altersruhesitz mit Kindern und Enkeln zu finden.
The residents of Schwanenwerder
Plots of land on Schwanenwerder were sold
mostly to industrialists and bankers from Berlin.
Before the outbreak of World War I in 1914,
apart from the Wessel brothers, no more than a
dozen men owned properties on the island, where they spent the
extended summer season with their families.
These included Waldemar Lohse, owner of a
chemicals factory; Dr. Hans Quilitz, owner of a
large glassworks for chemical appliances; Prof.
Fedor Krause, surgeon and senior consultant at
Augusta Hospital; Berthold Israel, department
store owner; Dr. Arthur Salomonsohn and Dr.
Georg Solmssen, bankers and co-owners of
the Disconto society; Dr. Eduard Mosler, owner-
manager of Berliner Handelsgesellschaft bank,
and Dr. Oscar Wassermann, director of Deutsche Bank.
Around 1910, there were over eighty residents
of Schwanenwerder. As well as the property
owners and their families, these included many
members of household staff. The factory-owner
Lohse and his wife, for example, had four
children and employed eleven members of
household staff, including a housekeeper, a
nanny, a cook, a gardener, a coachman and
a boatman.
A number of residents were closely linked by
profession. Four property owners were leading bankers of either
the Deutsche Bank or the Disconto society,
which were later merged. The island’s residents
were frequent visitors to each other’s houses.
Thanks to its secluded location, it was also an
ideal place to receive important guests from the
worlds of politics and finance. Only a select few
had access to the inner circle on this exclusive
island.
After World War I, further prominent members
of Berlin’s Jewish community settled on
Schwanenwerder. Among these were Samuel Goldschmidt, banker
and director of the Goldschmidt-Rothschild
banking house; Dr. Werner Feilchenfeld, econo-
mic advisor and in-house lawyer for the Berlin
chamber of industry and commerce; Alfred
Gugenheim, textiles merchant; Dr. Herbert Gidion,
regional court judge, and Leo Goldstaub,
newspaper publisher.
Of the 15 properties on Schwanenwerder listed
in the 1930 Berlin directory, nine belonged to
Jewish owners. Despite their different names,
many were related (the Salomonsohns and the Solmssens; the
Goldschmidts and the Goldschmidt-Rothschilds),
held positions of responsibility in the same
financial institute (Salomonsohn, Solmssen,
Mosler, Schlitter, Wassermann) or were directors
of the same business, Michels & Cie (Feilchen-
feld and Gugenheim). They also all belonged
to the same generation. As well as the island’s
suitability for fostering business ties and
acquaintances, the prospect of retiring there
with one’s children and grandchildren was
certainly part of its appeal.
Die hintereinander an der Gabelung der Inselstraße aufgestellten fünf Stelen sind ein Projekt des Vereins Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. im Auftrag des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten in Kooperation mit dem Kulturamt Steglitz-Zehlendorf. Das Design der Tafeln lag in den Händen von Helga Lieser. Die Enthüllung erfolgte am Nachmittag des 30.4.2013. Es sprachen Kulturstaatssekretär André Schmitz, die Vorsitzende des Vereins, Christine Fischer-Detroy, und der Inselbewohner und ehemalige Berliner Polizeipräsident Georg Schertz.
Die Broschüre zu den Tafeln als pdf-Datei unter "Schwanenwerder – Villenkolonie".
Alle fünf Tafeln haben Inschriften in deutscher und englischer Sprache. Entsprechend sind auch die Abbildungen beschriftet. Sie lauten hier von oben nach unten:
Dr. Arthur Salomonsohn
um 1900
Dr. Arthur Salomonsohn
around 1900
Prof. Dr. Fedor Krause
um 1900
Prof. Dr. Fedor Krause
around 1900
Berthold Israel
um 1900
Berthold Israel
around 1900
Dr. Georg Solmssen
1929
Dr. Georg Solmssen
1929
Dr. Eduard Mosler
um 1930
Dr. Eduard Mosler
around 1930
Dr. Walter Sobernheim
1929