Zwangsarbeitslager Bahnhofstraße
Bahnhofstraße 32
Im Gedenken ___
___ an die über eine halbe Million Zwangsarbeiter*innen
während des Zweiten Weltkrieges in Berlin. Mindestens seit 1942
bis Kriegsende wurden bis zu 4.000 Menschen auf diesem Gelände
in einem sogenannten „Wohnlager für auswärtige Arbeiter“
untergebracht. Sie mussten für städtische Institutionen wie
die BVC, die Gasversorgung oder die Müllbeseitigung arbeiten.
In dieser Zwangsgemeinschaft waren Menschen jeden Alters
vertreten – Frauen und Männer, Kinder und sogar Säuglinge.
Ein Großteil von ihnen kam aus Osteuropa, insbesondere aus
der ehemaligen Sowjetunion. Durch das nationalsozialistische,
menschenverachtende System der Zwangsarbeit starben hier
an diesem Ort viele Menschen an Schwäche und Krankheiten.
Im Gedenken ___
___ an die Menschen, die von 1942 bis Kriegsende auf
diesem Gelände gelitten haben.
Hier lebten 4.000 Menschen.
Es waren Frauen, Männer und Kinder. Sie wurden zu sehr
schwerer Arbeit gezwungen. Viele sind dabei gestorben.
[ausziehbares Element, leichte Sprache]
Bogdan B. ___
wurde im 2.WeItkrieg gefangen genommen.
Zusammen mit seiner Mutter musste er
in Blankenburg leben. Hier musste er sehr
schwer arbeiten. In dieser Zeit fielen
Bomben vom Himmel.
Bogdan durfte sich nicht vor den Bomben
in einem Bunker schützen.
Ein Bunker ist ein Raum unter der Erde.
Als wieder Frieden war, wurden er
und seine Mutter befreit.
Sie konnten wieder nach Hause gehen.
Sie lebten dann in Polen.
[ausziehbares Element, Standardsprache]
Bogdan B. ___
Während des Warschauer Aufstandes am
12. August 1944 wurde der junge Bogdan
mit seiner Mutter in das Konzentrations-
lager Auschwitz deportiert.
Kurz vor Kriegsende wurde das Lager
evakuiert. Am 11. Januar 1945 wurden
114 polnische Frauen und Kinder nach
Berlin oder in das Konzentrationslager
Sachsenhausen deportiert.
Bogdan kam nach Blankenburg und musste
helfen, in Berlin Trümmer zu beseitigen.
Bei Bombenangriffen wurde ihm
der Zutritt zu den Bunkern verweigert.
Er war gezwungen, sich zwischen den
Trümmern zu verstecken.
Am 22. April 1945 wurden er und
seine Mutter befreit. Sie kehrten nach
Warschau zurück.
[rechte Stele]
Im Gedenken ___
___ an die Menschen, die von 1943 bis1945 auf diesem Gelände
in sogenannten „Ausländerkrankenhäusern“ unter widrigsten
Umständen untergebracht waren. Von JuIi bis Oktober 1943 war
dies eine Abteilung des Dr.-Heim-Krankenhauses in Berlin-Buch
und von November 1944 bis Kriegsende eine Abteilung für soge-
nannte „Absonderungsfälle“ des Bucher Hufeland-Krankenhauses.
Zwangsarbeiter*innen mit medizinischer Erfahrung mussten bei
der Krankenversorgung mitarbeiten. Diese Einrichtung wurde
für Patient*innen mit schweren Infektionskrankheiten genutzt,
denen nicht mehr geholfen werden konnte oder denen bewusst
nicht geholfen wurde. Insgesamt waren hier über 1.000 Menschen
untergebracht, meist männliche Zwangsarbeiter aus ganz Europa[.]
Rund 200 von ihnen starben, die meisten an Tuberkulose.
Im Gedenken ___
___ an die Menschen, die hier von 1943 bis 1945 schwer krank wurden,
Einige Menschen wurden auf diesem Gelände in einem Krankenhaus
untergebracht. Sie waren hier, weil sie nicht aus Deutschland kamen[.]
Weil sie aus anderen Ländern kamen, wurden sie schlecht behandelt[.]
200 Menschen sind in diesem Krankenhaus gestorben.
[ausziehbares Element, Leichte Sprache]
Katharina S. ___
war eine junge Frau. Sie wurde im Krieg
sehr krank. Katharina kam dann in
das Krankenhaus auf diesem Gelände.
Weil sie nicht aus Deutschland kam,
wurde sie nicht gut versorgt.
Sie ist dann an ihrer schweren
Krankheit gestorben.
Iwan L. ___
war ein junger Mann. Er war ein
Gefangener hier auf dem Gelände.
Iwan musste sehr schwer arbeiten.
Dafür hat er nur sehr wenig Geld
bekommen. Als er kein Essen mehr bekam,
wollte Iwan nicht mehr arbeiten.
Dafür sollte er hart bestraft werden.
Wir wissen nicht, ob er wirklich bestraft
wurde und ob er gestorben ist.
[ausziehbares Element, Standardsprache]
Katharina S. und Iwan L. ___
Die 16-jährige Ukrainerin Katharina S.
wurde am 27. Juli 1943 mit offener
Tuberkulose in die Lungenstation des
Krankenhauses Blankenburg an diesem
Standort untergebracht. Am 21. Oktober
1943 verlegte man sie in das Neuköllner
Hilfskrankenhaus Elbestraße. In ihrer
Krankenakte ist der Vermerk enthalten, der
in vielen Krankenakten von sogenannten
Zwangsarbeiter*innen steht: „Patientin
ist Ausländerin. Eine Anamnese ist nicht
zu erheben.“
Der 18-jährige Iwan L. aus dem heutigen
Weißrussland war seit dem 6. Dezember
1943 Zwangsarbeiter bei der Straßen-
reinigung. Er wurde als „Ostarbeiter“
bezeichnet.
Ab dem 12. Dezember 1944 musste er
hier als Hausdiener im sogenannten „Aus-
länderkrankenhaus“ arbeiten. Er erhielt
einen Stundenlohn von 68 Pfennigen.
Wenige Wochen vor Kriegsende,
am 6. April 1945, erhielt das gesamte
Personal nichts mehr zu essen. Iwan L.
verweigerte daraufhin seine Arbeit.
Oberarzt Kellner und Klinikdirektor
Holstein drängten darauf, ihn wegen
Aufwiegelung der anderen Zwangs-
arbeiter*innen in ein Arbeitserziehungs-
lager der Gestapo abzuführen. Dies sollte
dazu dienen, an ihm ein Exempel zu
statuieren, um ihn nach der Bestrafung
als abschreckendes Beispiel wieder
in die Zwangsarbeit zurück zu schicken.
Ob Iwan L. die letzten Kriegstage
überlebte, ist nicht bekannt.
Die Gedenkstelen sind mit ausziehbaren Elementen versehen. Auf der Oberseite der Tafel wird der Text oben in Standard- und unten in Leichter Sprache zur Verfügung gestellt. Die ausziehbaren Teile sind jeweils links in Leichter und rechts in Standardsprache lesbar.
Der Untertitel der Fotografie der linken Stele lautet:
Arbeitskarte von Bogdan B., 1945 ___ Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung; rechts:
Skizze des ehemaligen Wohnlagers und „Ausländerkrankenhauses“, 1946 ___ Landesarchiv Berlin
Die Gedenktafeln wurden am 20. Mai 2022 auf dem Areal der Albert Schweitzer Stiftung – Wohnen & Betreuen in Berlin-Blankenburg in Anwesenheit der aus Warschau angereisten Zeitzeugin Maria Stroińska und des Zeutzeugen Bogdan Bartnikowski eingeweiht.
Grußworte und Redebeiträge hielten der Geschäftsführer Jörg Schwarzer, die Vorstandsvorsitzende Dr. Cordelia Koch, der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Blankenburg Hagen Kühne und die Leiterin des NS-Dokumentationszentrums für Zwangsarbeit in Berlin Schöneweide, Dr. Christine Glauning.
Im Rahmen der Berliner Stiftungswoche am 17. April 2024 wurde erneut mit einer Veranstaltung an die Geschichte des Zwangsarbeitslagers erinnert, der Historiker Thomas Irmer hielt einen Vortrag, für musikalische Begleitung sorgte die Chanson-Sängerin Mélinée.