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Schutzverband Deutscher Schriftsteller

Blücherstraße 68

[linke Spalte]
»Schutzverband
Deutscher Schriftsteller«
Versammlung in den Kammersälen
am 21.02.1933 in der ehemaligen
Teltower Strasse 1-4

An diesem Ort befanden sich bis zu ihrer Zerstörung im
Zweiten Weltkrieg die Kammersäle, eine der größten
Versammlungsstätten Berlins (1909/10 errichtet, damals
Teltower Str. 1-4). Am 21. Februar 1933 tagte hier der
»Schutzverband Deutscher Schriftsteller« (SDS) das letzte
Mal in Berlin - drei Wochen nach der Machtübergabe an die
Nationalsozialisten.
Der SDS wurde 1909 als Interessenvertretung freier Schrift-
steller*innen gegründet und zählte bis zu 4.000 Mitglieder.
Die überwiegende Mehrheit verteidigte die Freiheitsrechte,
trat für Meinungs- und Redefreiheit ein und kämpfte gegen
den aufkommenden Nationalsozialismus.
Bei der Versammlung am 21. Februar erklärte Carl von
Ossietzky, einer der Hauptredner: »Wir wissen nicht, was im
einzelnen geschieht. Aber das eine wollen wir uns heute ge-
gegenseitig in die Hände geloben, daß wir, ganz gleich wohin
wir auch in den nächsten Tagen und Wochen verschlagen
werden, in die Gefängnisse, Zuchthäuser, Konzentrations-
lager oder in die Emigration, uns selber treu bleiben wer-
den. Wir werden keine Konzessionen machen und überall
dort, wo ein Geßlerhut aufgesteckt wird, in schweigender
Verachtung vorübergehen.«
Auf den Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 folgte Terror
gegen Oppositionelle. Das betraf auch den SDS. Die meisten
Teilnehmer*innen der Versammlung emigrierten kurz nach
dem Treffen oder kamen ins Gefängnis. Einige, wie Erich
Mühsam (1878-1934) und Carl von Ossietzky (1889-1938),
kamen auf Grund der Haftbedingungen ums Leben oder wur-
den ermordet. Der SDS wurde kurze Zeit später zwangsweise
gleichgeschaltet. Ins Exil gegangene Schriftsteller*innen
gründeten verschiedene Gruppen des »SDS im Ausland«.

* Den »Gesslerhut»« grüßen zu müssen, bedeutet, dass die Herrschenden ihre Huldigung
erzwingen.

Zitat aus: Carl von Ossietzky, Sämtliche Schriften, Band VII Briefe und Dokumente, Seite 501
[rechte Spalte]
»SDS - Association for
the protection of the rights
of German Authors«
Assembly in the Kammersäle
on Februar 21st, 1933 at the site of
the former Teltower Strasse 1-4

Here stood the Kammersäle (Chamber Halls, built in 1909/
10 at the site of what was then Teltower Str. 1-4), one of the
largest places of public assembly in Berlin, until the building
was destroyed in the Second World War. it is here that, on
February 21st, 1933, three weeks after power was handed over
to the National Socialists, the »Schutzverband Deutscher
Schriftsteller« (SDS) held its very last Berlin meeting.
The SDS was founded in 1909 to represent the interests of
independent writers. It had up to 4,000 members, the over-
whelming majority of whom defended civil liberties, freedom
of opinion and freedom of speech, and opposed the rise of
National Socialism.
At the assembly on February 21st, Carl von Ossietzky, one
of the main speakers, declared: »We do not know what is
happening in detail. But today, we want to pledge to each
other that no matter where we will find ourselves in the
coming days and weeks, be it in prisons, penitentiaries,
concentration camps, or in exile, we will remain true to our-
selves. We will make no concessions and wherever Gessler's
hat* is installed, we will pass by in silent contempt.«
The Reichstags fire of February 27th, 1933 was met with
governmental terror against dissidents, including the SDS.
Most members who had been at the February 21st assembly
emigrated shortly after the meeting or were arrested and
imprisoned. Some, like Erich Mühsam (1878-1934) and Carl
von Ossietzky (1889-1938), were murdered or died as a direct
consequence of the conditions of their incarceration. Shortly
thereafter, the SDS was forced into line by government.
The writers who had gone into exile found one another in
their respective new locations and founded various smaller
local SDS groups.

*A reference to the legend of Gessler's hat: »to salute Gessler's hat« describes a
situation in which a despotic ruler forces his subjects to pay homage to the symbols
of his power.

Quote:
Carl von Ossietzky, Sämtliche Schriften, Band VII: Briefe und Dokumente
[Collected Writings, Vol. VII: Letters and Documents], p. 501

[unten links]
Eine Gedenktafel des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin, 2020
E-Mail: gedenktafeln@fhxb-museum.de
Gestaltung: Petra Müller, museumsfreunde

A memorial plaque by the District Office of Friedrichshain-Kreuzberg from Berlin, 2020
E-Mail: gedenktafeln@fhxb-museum.de
Design: Petra Müller, museumsfreunde

Die Gedenktafel zeigt über dem Text ein Foto, darunter folgende Bildunterschrift und Quelle:
Außenansicht der Handwerkskammer Berlin im Jahr 1939
© Handwerkskammer Berlin
Exterior view of the Berlin Chamber of Crafts in the year 1939
© Chamber of Crafts Berlin
Die Gedenktafel wurde vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg initiiert, die Gestaltung übernahm Petra Müller (museumsfreunde). Eingeweiht wurde sie am 15.9.2021 von Bezirksstadträtin Clara Herrmann.

 

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