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Richard Draemert

Richard Draemert

Berlin 24.6.1880 - Berlin 5.8.1957

Onkel-Tom-Straße

Richard Draemert
Der Sozialdemokrat und Zehlendorfer Richard Draemert wurde am
24. Juni 1880 in Berlin geboren. ln armen Verhältnissen aufgewachsen,
bildete er sich im Selbststudium fort. Der gelernte Speditionskaufmann
arbeitete sich zum leitenden Angestellten im Verlags- und Druckerei-
gewerbe hoch. Bis 1933 war er Geschäftsführer der SPD-Wochen-
zeitschrift “Die Welt am Montag”. 1907 heiratete er Minna Hartung.
1916 zog die siebenköpfige Familie nach Dahlem, 1933 in den Wald-
hüterpfad 66 der Siedlung Onkel Toms Hütte. Nach 1947 wohnte das
Ehepaar in der Riemeisterstraße 162.

Der Kommunalpolitiker
Seit 1903 war Richard Draemert Gewerkschaftsmitglied. 1918 trat er
in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ein und wurde
deren erster Bezirksvorsitzender in Zehlendorf. Von 1921 bis 1933
war er Stadtverordneter von Berlin und Bezirksverordneter von Zehlen-
dorf. Er übernahm Ehrenämter, unter anderem als Vorsitzender der
Pressekommission beim “Vorwärts” sowie als Aufsichtsrat der Berliner
Messegesellschaft und der Berliner Flughafengesellschaft.
Gegen den erbitterten Widerstand anderer Fraktionen gelang Richard
Draemert dank seiner Beharrlichkeit, seines diplomatischen Geschicks
und Engagements die Weiterführung der U-Bahn vom Thielplatz bis
zur Krummen Lanke. Dort bauten ab 1926 Bruno Taut und andere
Architekten bezahlbaren Wohnraum: die Waldsiedlung Zehlendorf
bzw. Siedlung Onkel Toms Hütte.

Verfolgung im Nationalsozialismus
Als SPD-Politiker und Gegner des NS-Regimes wurde Richard
Draemert im Sommer 1933 in der Strafanstalt Plötzensee inhaftiert.
Die “Welt am Montag” wurde verboten, ihm wurden seine politischen
Mandate entzogen und er erhielt Berufsverbot.
1934 baute Richard Draemert trotz vieler Schikanen des Bezirksamtes
eine Eis- und Getränkediele am U-Bahnhof Krumme Lanke auf. Die
Einnahmen blieben gering, die Familie hungerte. Bis 1944 diente die
“Baude” Regimegegnern und jüdischen Freunden als Treffpunkt, um
politische Meldungen zu diskutieren und illegale Nachrichten
auszutauschen, sowie als kurzzeitiges Versteck für politisch und
“rassisch” Verfolgte.
Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde er
im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert und nach mehreren
Wochen schwerkrank entlassen.

Anerkennung nach Kriegsende
Von 1946 bis 1954 gehörte Richard Draemert erneut der Bezirks-
verordnetenversammlung in Zehlendorf an. Er leitete die Wohnungs-
baudeputation. Bis 1949 arbeitete er als Kaufmännischer Direktor
bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo. Stets setzte
er sich für eine dem Charakter des Bezirks angemessene Bebauung
ohne Hochhäuser ein.
Zu seinem 75. Geburtstag wurde er für seine langjährigen Verdienste
für Berlin und seine Standhaftigkeit gegenüber dem NS-Regime zum
Stadtältesten von Berlin ernannt.
Richard Draemert starb am 5. August 1957 im Krankenhaus Am
Großen Wannsee (heute Liebermann-Villa) an den Spätfolgen seiner
Inhaftierung. Er hat ein Ehrengrab auf dem St.-Annen-Friedhof in
Dahlem. ,,Sein Kampf galt gerechten, menschenwürdigen Arbeits-
bedingungen und besonders der Chancengleichheit aller Kinder“, so
seine Enkelin Ingrid Reimann, 2013.
Marion Neumann

Rechts neben dem Text befinden sich übereinander fünf Abbildungen. Die Bildunterschriften lauten (v.o.n.u.):

Richard Draemert, 1955
“Hätte nicht das Schicksal mich mit
Humor gesegnet, wäre es untragbar
gewesen.”

Entwurf von Draemert für das Namens-
schild seiner “Baude”, um 1938
“Frühstücksstube ‘zum gemütlichen
Richard’”

Der Präsident des Abgeordneten-
hauses Willy Brandt überreicht
Richard Draemert die Ehrenurkunde
als Stadtältester, 1955

Urkunde “Stadtältester”, 1955

Ehrengrab für Richard Draemert

Enthüllt wurde die Stele, deren Konzeption und Gestaltung in den Händen von Karin Rosenberg lag, auf dem noch namenlosen Vorplatz des U-Bahnhofs Onkel-Toms-Hütte in der Onkel-Tom-Straße am 20.12.2019 in Anwesenheit zahlreicher Gäste. Es sprachen der Regierende Bürgermeister Michael Müller, Gerd Huwe (Stabsabteilung Strategie und Public Affairs der BVG), Ingrid Reimann (Enkelin von Richard Draemert) und Bezirksstadtrat Frank Mückisch.

Draemerts Grab befindet sich auf dem Dorffriedhof Dahlem, Königin-Luise-Straße 55, 007-203.

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