Opfer der nationalsozialistischen Konzentrationslager
Steinplatz
1933–1945
DEN OPFERN
DES
NATIONALSOZIALISMUS
Der Gedenkstein an der nordöstlichen Platzecke an der Hardenbergstraße steht am Ende eines Naturstein-Schotterfelds, zu welchem sechs Reihen massiver grauer Natursteine hinführen. Unter einem auf der Spitze stehenden Dreieck—die Markierung von Häftlingen in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern—mit den aufgesetzten Buchstaben KZ steht 1933–1945, darunter auf einer Metallplatte der zweite Abschnitt des obigen Texts.
Der Steinplatz mitsamt der zwei Anlagen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und an die Opfer des Stalinismus wurde 2018 auf Initiative des Bezirksamts Charlottenburg und dem Regionalmanagement CITY WEST im Austausch mit Anwohnerinnen und Anwohnern sowie benachbarten Institutionen neu gestaltet.
Die Umgestaltung setzte das Landschaftsarchitekturbüro Schirmer-Partner um und basierte auf einem Entwurf der TU-Landschaftsarchitekturstudenten Leon Giseke, Lasse Malzahn und Lucas Rauch mit dem Titel „Aufschließen“.
Der ursprüngliche Stein (siehe Foto) wurde am 9. November 1953 auf Initiative des Bund der Verfolgten des Naziregimes errichtet. Der Gedenkstein wurde erbaut aus Steinen der Synagoge in der Fasanenstraße, die bei den Novemberpogromen 1938 in Brand gesteckt und geschändet wurde. Bei diesem Gedenkstein handelt es sich um das früheste West-Berliner Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus.
Die Neueröffnung des Steinplatzes geschah am 14. August 2018 mit der temporären Kunstaktion „Steinplatz reloaded“ des Künstlerinnenkollektivs mmtt, bestehend aus der Bildhauerin Stefka Ammon und der Architektin Katharina Lottner. Für neun Wochen wurde das hiesige Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und Stalinismus erweitert um 21 in transparenten Containern verpackte fiktive Denkmäler für Personen und Orte, deren Geschichten über eine Verbindung zu dem Steinplatz verfügen—u.a. Denkmäler für die ersten Professorinnen der Künste, Renée Sintenis und Rebecca Horn; die Malerin Charlotte Salomon; den 1904 von August Gaul entworfenen und für den Steinplatz projektierten aber nie realisierten Brunnen mit Elefanten; die Grafikerin und Widerstandskämpferin Elisabeth Schumacher; die ermordeten jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn; die Kneipe „Volle Pulle“ (1950-1970); die Hoteliersfamilie Zellmayer; Rudi und Gretchen Dutschke; Teach-ins der Hausbesetzerinnen und Hausbesetzer der 1980er Jahre in der TU-Mensa; den 1983 während der drohenden Abschiebung durch Selbsttötung verstorbenen Cemal Kemal Altun; und den 1921 ermordeten osmanischen Innenminister und einen der Hauptverantwortlichen des Völkermords an den Armenier*innen, Mehmed Talât Paşa sowie seinen im Auftrag des geheimen armenischen Kommandos ‚Operation Nemesis‘ handelnden Mörders Soghomon Tehlirian.
Weitere Informationen zu dem Prozess der Neugestaltung, der Neueröffnung, der Historisierung des Steinplatzes und insbesondere der Korrelation und Interaktion zwischen den Gedenksteinen für Nationalsozialismus und Stalinismus sind dem Mitgliederrundbrief Nr. 81 des Aktiven Museums im Downloadbereich zu entnehmen.
Ferner wurde die beschriebene Kunstinstallation mitsamt seltener Bilder aus u.a. Berliner Archiven, Kontextualisierungen der historischen Ereignisse und Transkriptionen mit Passantinnen und Passanten und Anwohnerinnen und Anwohner in digitaler und gedruckter Form veröffentlicht:
Ammon, Stefka & Lottner, Katharina. (2020). Steinplatz reloaded. Dokumentation und Recherche. Berlin: EECLECTIC. ISBN: 9783947295579