Penzberger Mordnacht
Penzberger Straße
HANS RUMMER UND SEINER
15 SCHICKSALSGEFÄHRTEN, DIE AM
28. APRIL 1945 IN PENZBERG, OBERBAYERN,
DEM NAZISTISCHEN MORDTERROR
ZUM OPFER FIELEN
Vor dem Gedenkstein von Gerson Fehrenbach für die Opfer der "Penzberger Mordnacht" (Enthüllung 28.4.1970) sind in das Pflaster das Stadtwappen von Penzberg und der Ortsname eingelassen. Seit dem 16.5.2009 gibt es eine in der Rasenfläche neben dem Stein aufgestellte weiße Zusatztafel auf einem hohen Stahlpfosten mit Erläuterungen zum Geschehen (Penzberger Straße Ecke Münchener Straße 28; Grünanlage im Verlauf der früheren Speyerer Straße). Sie geht auf eine Initiative der BVV Tempelhof-Schöneberg zurück. Der Tafeltext wurde von der Stadt Penzberg entworfen und die Tafel von Bezirksbürgermeister Ekkehard Band gemeinsam mit dem Ersten Bürgermeister der Stadt Penzberg, Hans Mummert, enthüllt. Die Inschrift lautet:
Der 28. April 1945 ist für die ehemalige Bergarbeiterstadt Penzberg ein zentrales Datum
zum geschichtlichen Selbstverständnis. Daher wurde dieser Gedenkstein im Rahmen
der seit 1964 bestehenden Städtepartnerschaft zwischen Berlin Tempelhof-Schöneberg
und Penzberg errichtet.
Anders als Berlin überstand die kleine oberbayerische Bergarbeiterstadt Penzberg
das Ende des Zweiten Weltkrieges ohne große Zerstörungen. Traumatisch aber war
der 28. April 1945, der einen verstörenden Einbruch von Vernichtung und Gewalt brachte.
Die ”Freiheitsaktion Bayern” verbreitete am frühen Morgen des 28.4.1945 über den
Rundfunk die Nachricht über das Ende des Krieges. Voreilig hieß es, sie habe die Macht
übernommen und die Bevölkerung wurde aufgerufen, die Produktionsanlagen vor Ort
vor der Zerstörung im Sinne des ”Nero”-Befehls zu bewahren.
Daraufhin riskierte der ehemalige sozialdemokratische Bürgermeister Hans Rummer,
der die Geschicke der Stadt von 1919 bis 1933 gelenkt hatte, an diesem Morgen in
Begleitung weiterer Sozialdemokraten und Kommunisten auch in Penzberg die Macht
im Rathaus wieder zu übernehmen und das Bergwerk vor einer geplanten Zerstörung
zu schützen.
Eine durchziehende Abteilung der Wehrmacht beendete diesen Aufstand
und noch am selben Nachmittag wurden die sechs Männer erschossen.
Gegen Abend zog ein Werwolfkommando in die Stadt, das der Gauleiter Giesler
aus München zu einem Vergeltungsakt für den Aufstand der ”Freiheitsaktion Bayern”
geschickt hatte. Die ganze Nacht über zogen Werwolfgruppen durch die Stadt,
um ”Verschwörer” zu verhaften und durch Hängen umzubringen. Flucht, Verfolgung,
Schüsse, Motorlärm zum Übertönen der Schreie konnten viele Penzberger zuhause
hinter geschlossenen Läden hören - es herrschte strikte Ausgangssperre,
jeder war isoliert. Es war eine gezielte Terroraktion, die Angst in der Bevölkerung
verbreiten sollte. Ihr fielen 10 Männer und Frauen zum Opfer, viele konnten sich durch
Flucht retten.
Beim Kirchgang am nächsten Morgen (Sonntag) entdeckte man die aufgeknüpften
Leichen in den Bäumen.
Am Montag, dem 30.4.1945, marschierten die Amerikaner ein.
Rummer traf Maßnahmen zum Schutz der Stadt, der Kriegsgefangenenlager und zur kampflosen Übergabe an die heranrückenden Amerikaner. NS-Gauleiter Giesler in München, dem der mit seiner Einheit in die Stadt eingerückte Wehrmachtsoberstleutnant Ohm die Vorgänge gemeldet hatte, befahl die Erschießung der Männer. Hans Rummer, Paul Badlehner, Michael Boos, Johann Dreher, Rupert Höck, Ludwig März und Michael Schwertl wurden am Abend in der Nähe des Sportplatzes an der Bichler Straße erschossen. Gottlieb Behlolawek, Franz Biersack, Albert Grauvogt, Josef Kastl, Johann Summerdinger und die Ehepaare Agathe und Xaver Fleissner sowie Therese und Johann Zenk wurden "in der Nacht aus ihren Wohnungen geholt und an Bäumen in der Bahnhof-, der Gustav- und der Karlstraße sowie am Balkon eines Hauses in der Karlstraße, mit einem Schild mit der Aufschrift 'Werwolf' um den Hals, erhängt. 30 Stunden später rückten amerikanische Soldaten in die Stadt ein." (Ulrike Puvogel, Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, Bonn 1987 [Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung Bd. 245], S. 130f.)