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NS-Zwangslager Marzahn - Peter Böhmer

NS-Zwangslager Marzahn - Peter Böhmer

Landsberg/Warthe 20.10.1923 - Berlin 2011

Otto-Rosenberg-Platz

Peter Böhmer 1923 – 2011
Peter Böhmer, Ballett-Tänzer, wurde 1923 in Landsberg
an der Warthe geboren. Um 1930 zog die Familie Böhmer
nach Berlin.
»Wir sind damals, 1936, mit der ganzen Familie von der
Müllerstraße nach Marzahn gebracht worden. Wir durften
nichts mitnehmen. Nur das, was wir am Körper hatten.
Unter fürchterlichen Verhältnissen mussten wir dort
leben. Wir hatten kaum Wasser. Ein Brunnen wurde erst
gebaut.«
Bis zu seinem 16. Lebensjahr studierte Peter Böhmer
klassisches Ballett bei Tatjana Gsovsky. Dann musste er
die Ausbildung abbrechen: »Die Nazis haben der Tatjana
verboten, mir weiter Unterricht zu erteilen. (…) 1941 wurde
ich bei Zellner & Platen in Berlin-Lichtenberg, Möllendorff-
straße 9, dienstverpflichtet. Wir mussten Kisten für Bomben
herstellen. Weil ich über diese Mistarbeit gemeckert habe,
haben sie mich verhaftet und in das Lager Sachsenhausen
bei Oranienburg gebracht.«
Am 16. Oktober 1941 lieferte ihn die SS vom Konzen-
trationslager Sachsenhausen in das KZ-Außenlager
Natzweiler-Neckarelz ein. Am 2. April 1945 kam er auf
den Transport ins KZ Dachau, am 5. April weiter ins
Außenlager München-Riem. Von dort wurde er auf den
Todesmarsch geschickt. »Die SS wollte uns nach Öster-
reich schaffen; wir Häftlinge sollten nicht lebend ange-
troffen werden. Die nicht mehr laufen konnten, haben
einen Genickschuss bekommen.«
Nach seiner Befreiung durch die Amerikaner ging Peter
Böhmer nach Berlin zurück und setzte seine Tanzaus-
bildung in der Ballettschule Gsovsky fort. »Ich habe
auch Stepptanz studiert und bei Helmut Strutz Geangs-
unterricht genommen. Auf Empfehlung von Tatjana
Gsovsky bekam ich die Chance, als Solotänzer in der
Deutschen Opfer aufzutreten.«
Peter Böhmer tanzte im Fernsehballett und in zahlrei-
chen Filmen und TV-Musikshows, u.a. mit den Kessler-
Zwillingen und Caterina Valente.
Die ihm von den Nationalsozialisten aberkannte
deutsche Staatsbürgerschaft erhielt Peter Böhmer
erst 1985 wieder zurück.

Peter Böhmer (1923 – 2011)
Peter Böhmer was a ballet
dancer. He was born in Landasberg an der Warthe in 1923.
The Böhmer family moved to Berlin around 1930.
“Back then, in 1936, our whole family was taken from
Müllerstraße to Marzahn. We weren’t allowed to bring
anything with us – only what we were actually wearing.
We were forced to live there under terrible conditions.
We hardly had any water. They had only just started
building a well.”
Peter Böhmer studied classical ballet with Tatjana
Gsovsky until he was 16. Then he had to break off the
classes. “The Nazis ordered Tatjana to stop teaching me.
(…) In 1941 I was drafted to work at Zellner & Platen at
Möllendorffstraße 9 in Berlin-Lichtenberg. We had to
make crates for bombs. They arrested me because I
complained about the crappy work, and sent me to
Sachsenhausen concentration camp near Oranienburg.”
On 16 October 1941 the SS sent him from Sachsenhausen
to Natzweiler-Neckarelz, a subcamp of a concentration
camp in Alsace. On 2 April 1945 he was put on a transport
to Dachau concentration camp and later taken to
Müchen-Riem subcamp. He was sent on the death
march from there. “The SS wanted to get us to Austria;
we prisoners were not supposed to be found alive. The
ones who couldn’t walk any longer were shot in the
back of the neck.”
Peter Böhmer was liberated by the Amercans and
returned to Berlin afterwards. He resumed his ballet
training at the Gsovsky Ballet School. “I also studied tap
dancing and took singing lessons from Helmut Strutz.
On Tatjana Gsovsky’s recommendation I got the chance
to appear as a solo dancer at the Deutsche Oper.”
Peter Böhmer danced in television ballet and many films
and TV music shows with stars like Caterina Valente and
the Kessler twins.
The Nazis stripped Peter Böhmer of his German citizen-
ship. It was finally restored to him again in 1985.

(Die Bildunterschrift der Vorderseite lautet):
Peter Böhmer, Berlin 1950

(Die Bildunterschriften der Rückseite lauten):
Maria Selma Böhmer, Schauspielerin. Mutter von Peter Böhmer. Sie wurde im Juli 1943 in
Auschwitz ermordet.

Peter Böhmer, Berlin 1965.

Peter Böhmer (links) bei Dreharbeiten mit Hildegard Knef. Berlin, um 1960.

Urkunde: Staatsangehörigkeits-Ausweis von Peter Böhmer, Berlin 1985.

Peter Böhmer, Berlin 2011. Das Foto entstand wenige Wochen vor seinem Tod.

(die englischen Bildunterschriften lauten:)
Maria Selma Böhmer, actor. Peter Böhmer’s mother. She was murdered in Auschwitz in July 1943.

Peter Böhmer, Berlin 1965.

Peter Böhmer (left) filming with Hildegard Knef. Berlin, around 1960.

Peter Böhmer’s citizenship certificate, Berlin 1985.

Peter Böhmer, Berlin 2011. The photo was taken only weeks before he died.

2011 entstand dieser Ort der Erinnerung und Information am authentischen Standort, bestehend aus insgesamt elf Metallstelen. Die Tafeln informieren über die Geschichte des Lagers und erinnern an das Schicksal der dort internierten Menschen, darunter vier biografische Tafeln. Detaillierte Informationen zu den elf Stelen finden sich im Erläuterungstext bei "NS-Zwangslager Marzahn - Sinti und Roma". Weitere Informationen und Kontakt: www.gedenkstaette-zwangslager-marzahn.de

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