Nikolaikirchplatz: Lessing vs. Preußen (Nikolaiviertel 6)
Nikolaikirchplatz 7
der Platz schon Jahrhunderte zuvor durch eine Häuserzeile gebildet
worden war. Hier handelt es sich um Repliken nach Fotografien aus
den 1920er Jahren, da die ursprüngliche Bebauung Abrissen und
dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen war.
Gotthold Ephraim Lessing (1729—1781) gilt als der bekannteste
deutsche Aufklärer von europäischem Rang und als Begründer der
modernen deutschen Literatur.
Hier im Nikolaiviertel hatte Lessing zwischen 1752 und 1755 sein
Quartier, das zugleich ein wichtiger Treffpunkt für führende Köpfe der
Berliner Aufklärung (Ramler, Nicolai, Gumpertz u.a.) war.
Hier und in dieser Zeit schloss Lessing Freundschaften, auch mit Moses
Mendelssohn, der ihn zu seinem Drama und der Gestalt „Nathan der
Weise“ (1779), einem bewegenden Plädoyer für religiöse Toleranz,
inspirierte.
Selbst der Monarch und Regent dieser Zeit, Friedrich II., der Große,
König von Preußen, schmückte sich mit aufklärerisch anmutenden Aus-
sprüchen. Sein wohl markantester, „Es soll ein jeder nach seiner Fasson
selig werden!“, steht in auffälligem Widerspruch zu seinem absolu-
tistischen Selbstverständnis und einer ebensolchen Staatsauffassung,
die dem Aufklärer Lessing das Leben erschwerte:
Eine Wahl Lessings in die Akademie der Künste wurde hintertrieben,
seine Hoffnungen auf verschiedene Stellungen 1766 sämtlich ab-
schlägig beschieden, und in seinem Stück „Minna von Barnhelm“
anklingende Preußenkritik erregte 1767 den Unwillen der Zensur.
Dass das Stück hier geschrieben sei, wie es die Bronzetafel am
Haus suggeriert, dient der Aufklärung übrigens nicht: Die Tafel
des Gedenkens stammt schlicht von einem anderen Ort.
Lessing kehrt Berlin 1769 endgültig den Rücken. Enttäuscht schreibt
er Nicolai über Preußen: „(...) welches Land bis auf den heutigen
Tag das sklavischste von Europa ist.“
Nikolaikirchplatz: Although this square has been bordered by
houses for hundreds of years, it first received its name in 1901.
The buildings currently lining the square were recreated from
photographs from the 1920s, as all of the original structures
were destroyed in the Second World War or were demolished.
Gotthold Ephraim Lessing (1729—1781) was a renowned
philosopher of the Enlightenment and is regarded as the
founder of modern German literature.
He resided in Nikolaiviertel from 1752 to 1755, and his
home was an important place of gathering for the leading
figures of the Enlightenment in Berlin (including Ramler,
Nicolai, and Gumpertz, among others). Lessing made a
number of close friendships during the period. One friend,
Moses Mendelssohn, inspired his touching plea for religious
tolerance, ‘Nathan the Wise’, written in 1779.
Even contemporary ruler Friedrich II, the King of Prussia,
enjoyed making sententious remarks that invoked the spirit of
the Enlightenment. ‘Everyone shall be blessed in his own way!’
Friedrich II once said, a statement which stood in contrast to
his otherwise absolutist style of rule.
This absolutism had practical drawbacks for Lessing: his nomi-
nation to the Academy of Arts was thwarted, and subsequent
efforts to gain employment – as an official librarian, for
example – were all unsuccessful in 1766. Lessing’s drama
‘Minna von Barnhelm’ also earned him the condemnation
of the censorship board in 1767.
In 1769, Lessing turned his back on Berlin.
Deeply disappointed, he wrote a letter to Nicolai,
denouncing Prussia as ‘… the most enslaved country
in Europe up to the present day.’
Jede der 19 Gedenktafeln ist Teil des historischen Pfades, der quer durch die Berliner Altstadt des gesamten Nikolaiviertels konzipiert wurde. Mithilfe der Nummerierungen und einer Karte des Stadtviertels, die auf jeder der Tafeln unten links abgebildet ist, kann eine Stadtführung in eigenem Tempo vorgenommen werden. Die mit Bildern ausgeschmückten Informationen in deutscher und in englischer Sprache erzählen die bis ins 12. Jahrhundert zurückgehenden sowohl amüsanten als auch bestürzenden Geschichten zu den Gebäuden und berühmten Persönlichkeiten.
Zur linken Seite den „Zum Paddenwirt“ und zur rechten die Nikolaikirche befindet sich die sechste Gedenktafel direkt an dem Gebäude, in dem sich das Theater im Nikolaiviertel befindet. Sie informiert über die Geschichte des Nikolaikirchplatzes, Friedrich den II. (Berlin 24.01.1712 – 17.08.1786 Potsdam) den berühmten Literaten und Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing (Kamenz 22.01.1729 – 15.02.1781 Braunschweig) und darüber, wie dieser hier lebte und wirkte.
Die Bildunterschriften von links nach rechts lauten:
Gotthold Ephraim Lessing (um 1767)
Am Nikolaikirchplatz
Friedrich II., der Große, König von Preußen