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Mikwe der Jüdischen Gemeinde in Charlottenburg

Mikwe der Jüdischen Gemeinde in Charlottenburg

Bleibtreustraße 2

Die Mikwe der Jüdischen Gemeinde in Charlottenburg
An diesem Ort befand sich ab 1927 die Mikwe (hebr. Pl. Mikwaot, dt.
Wasseransammlung) der Jüdischen Gemeinde in Charlottenburg. Die
Gemeinde hatte das Grundstück in der Bleibtreustraße 2 erworben und in
dem 1896 erbauten Haus das Erd- und Kellergeschoss zu einem rituellen
Tauchbad umgestaltet, das bis in die 1930er Jahre hinein in Betrieb war.

Das Quellbad wurde von Jüdinnen und Juden für rituelle Waschungen
genutzt, um die spirituelle Reinheit wiederherzustellen. Für die orthodoxe
Fraktion der Jüdischen Gemeinde war die Einrichtung der Mikwe ein
wichtiger Erfolg bei der Wiederbelebung des Ritualwesens. Das Tauchbad im
Berliner Westen bot eine gut gelegene Alternative zum bereits rege
besuchten Quellbad in der Heidereutergasse, Berlin-Mitte.

Die Mikwe in der Bleibtreustraße wurde mit Einbruch der Dunkelheit
geöffnet, freitags lagen die Öffnungszeiten vor Beginn der Schabbatfeier.
Die Besuchspreise unterschieden sich je nach Anlass, darunter Braut- und
Frauenbäder oder die Nutzung als Bestandteil des Übertritts zum Judentum.
Über einen Warteraum gelangten die Besucherinnen und Besucher in die
fünf Baderäume, die jeweils über eine Wanne zur körperlichen Reinigung
und einen Zugang zu den drei Tiefbädern im Kellergeschoss verfügten. Die
Tiefbäder wurden mit Regen- und Grundwasser gespeist, da gemäß der Tora
für die rituelle Reinigung „lebendiges“ Wasser — aus natürlichen Quellen —
benötigt wird. Eine Kohlenheizung erwärmte das Wasser. Für die rituelle
Reinigung von Geschirr und Haushaltsgeräten befand sich an der Rückseite
des Hauses ein Regenwasserbecken.

Die Jüdische Gemeinde nutzte das Haus für weitere Einrichtungen. Im
Oktober 1934 zog die Jüdische Allgemeine Zeitung ein, im selben
Jahr das Jüdische Wohlfahrts- und Jugendamt. Im Frühjahr 1939
erklärten die Nationalsozialisten das Haus zu einem sogenannten
„Judenhaus“, in das jüdische Bürgerinnen und Bürger zwangsweise
umziehen mussten. 1942 war die Jüdische Gemeinde gezwungen, das
Haus weit unter Wert zu verkaufen. Den Erlös beschlagnahmte die
Gestapo für die Oberfinanzdirektion. Zwanzig jüdische
Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses sind bekannt. Sie wurden
in verschiedene Lager deportiert, nur zwei überlebten.

Das Haus wurde bei einem Bombenangriff in der Nacht vom 22. auf
den 23. November 1943 weitgehend zerstört, die Ruine 1953
gesprengt. Das Bezirksamt Charlottenburg, nun Eigentümer des
Grundstücks, errichtete hier 1956 einen Kinderspielplatz.

Die vom Sparkassenverband Berlin gespendete Gedenktafel für die Mikwe an der Bleibtreustraße 2 wurde am Sonntag, dem 26. Januar 2025, um 15 Uhr enthüllt.
BVV-Vorsteherin Judith Stückler eröffnete die Veranstaltung, es folgten Grußworte von Enrico Brissa, Initiator der Gedenktafel, Annemarie Schmidt, Vertreterin des Sparkassenverbands Berlin, sowie Guy Gilady stellvertretender israelischer Botschafter. Unter den zahlreichen Gästen befanden sich der ehem. Regierende Bürgermeister, Michael Müller, die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus sowie die ehem. Beauftragte für Kultur und Medien, Monika Grütters,
Eingeblockt in den Text ist ein Foto:
Das 2. Quellbad, erschienen in:
Gemeindeblatt der Jüdischen Gemeinde in Berlin,
Jg. 17, Nr. 7, Juli 1927.

Rechts neben den beiden Textblöcken befindet sich eine weitere Abbildung:
Fassadenzeichnung des Hauses (Ausschnitt).
Landesarchiv Berlin, B Rep. 207, Nr. 4122, Plan 1.

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