Mexikoplatz
Mexikoplatz
Am 29. Oktober 1838 wurde die erste preussische Eisenbahnlinie zwischen
Berlin und Potsdam eröffnet. Zehlendorf, zunächst der einzige Haltepunkt
auf dieser Linie, erhielt 1866 einen eigenen kleinen Bahnhof. Die Wannsee-
bahn wurde 1874 als Abzweig von Zehlendorf nach Wannsee vom Aufsichts-
ratsvorsitzenden der Berlin Potsdamer Eisenbahn AG, Wilhelm Conrad, er-
baut. Er, der Gründer der bedeutenden Villencolonie Alsen, im Bereich des
heutigen Ortsteils Wannsee gelegen, hatte sich 1870 die Villa Alsen am West-
ufer des Wannsees bauen lassen und wollte diese möglichst schnell und kom-
fortabel erreichen. Nicht nur Erholungsuchende aus Berlin, sondern auch
finanzkräftige Unternehmer sowie Bau- und Terraingesellschaften erkannten
den Wert und die Vorteile dieser Eisenbahnverbindung. So entstanden die
Ortsteile Wannsee (1869), Nikolassee (1901), Zehlendorf-West (1901) und
Schlachtensee (1904).
Die Grundvoraussetzung für die Konzeption des Ortsteils Zehlendorf-West
in der Art einer "Villenkolonie" war die Errichtung eines neuen Bahnhofs
am ebenerdigen Schnittpunkt des Bärenschen Weges (heute Beerenstraße)
mit den Gleisen der Wannseebahn anstelle des einfachen Bahnwarterhäus-
chens.
Für den Bau des Bahnhofs mit dem Arbeitstitel "Zehlendorf-Beerenstraße"
wurde ein öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben. Von 17 Entwürfen konnte
am 10. Juli 1903 die Arbeit des Architekturbüros Hart und Lesser mit dem
Motto "Ohne Ornament" ausgezeichnet werden, einem für die damalige Zeit
fast revolutionären Entwurf eines Bahnhofs im Jugendstil. Die Bauausfüh-
rung wurde dem Zehlendorfer Bauunternehmer und Maurermeister Fritz
Schirmer übertragen. Die halbrunde großzügige Randbebauung des Bahn-
hofsvorplatzes stammt von dem ersten Preisträger eines weiteren Wettbe-
werbs, von dem Architekten Otto Kuhlmann. Acht in Zweiergruppen zusam-
mengefaßte Wohn- und Geschäftshäuser wurden in den Jahren 1904 bis 1911
fertiggestellt. Sie bildeten mit dem ausdrucksvollen Jugendstilbahnhof und
der gartenkünstlerischen Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes ein Gesamt-
ensemble von Baukunst und Kultur der Jahrhundertwende in Berlin. Der
vorerst namenlose Bahnhofsplatz (erst am 23. 9. 1959 erhielt er seine
Bezeichnung Mexikoplatz) wurde von dem ersten Garteninspektor der Ge-
meinde Zehlendorf Emil Schubert (*1868 †1925) auf der Grundlage des von
Gustav A. Fintelmann (*1846 †1918) geschaffenen Planes gestaltet und 1910
fertiggestellt.
Der Platz galt als Mittel- und Höhepunkt des Ortsteils und stand in engem
Bezug zu seinem Umfeld, zu den Villenparzellen mit ihren Architekturen und
künstlerisch ausgestalteten Gartenanlagen. Vier gleichartige Blumenrabatten
in vier Rasenfeldern vor den Mietshausgruppen und zwei Brunnenanlagen
links und rechts der Argentinischen Allee zeichneten den reizvoll und harmo-
nisch gestalteten Platz aus. Er wurde zum unverwechselbaren Wahrzeichen
für Bewohner und Besucher des Wohnbezirks Zehlendorf-West.
Die Verbreiterung der Argentinischen Allee in den 60er Jahren zerstörte
diese städtebaulich und gartenkünstlerisch wertvolle Anlage. Die enge Zu-
sammenarbeit des Tiefbauamtes Zehlendorf mit dem Gartenbauamt und der Gartendenkmalpflege ermöglichte die Wiederherstellung auf Grundlage der
Dokumentation und Planung des Architekten R. Stuhlemmer und ließ zur
750-Jahr-Feier der Stadt Berlin 1987 den Mexikoplatz in seiner Bedeutung
als harmonisch ausgestaltetes und baukünstlerisch wichtiges Gesamt-
ensemble wieder erlebbar werden. Durch Rückbau der Straßenführung,
Sanierung der Gebäude und der historischen Rekonstruktion der Grün-
anlage zählt der Mexikoplatz zu den reizvollen, wiederhergestellten Stadt-
plätzen in Berlin West.
Die Aktivitäten der Gartendenkmalpflege (seit 1978 in der Abt. Il beim Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz) umfassen vor allem die Wiederherstellung, Rekonstruktion, Instandsetzung, Pflege und Sicherung gartenhistorisch und -künstlerisch wertvoller öffentlicher und privater Anlagen, insbesondere die weithin beachtete Wiederherstellung der Glienicker Parkanlagen. Zu den bislang bearbeiteten Parks, Plätzen und Gärten gehören z. B. der Tiergarten, der Körnerpark/Neukölln und der Viktoriapark/Kreuzberg, der Viktoria-Luise-Platz/Schöneberg mit seinen Vorgärten, der Savignyplatz
und Mierendorfplatz/Charlottenburg und der Gutspark Britz, der heute öffentliche Garten der Villa Harteneck in der Douglasstraße 7-9 (unweit des Hagenplatzes/Wilmersdorf) sowie weitere private Gartenanlagen und verschiedener Bereiche in historischen Friedhöfen (u.a. Friedhöfe am Halleschen Tor/Kreuzberg, Dorfkirchhof Zehlendorf und St. Matthäus-Friedhof/Schöneberg).
Diese blaue Informationstafel geht zurück auf eine Idee des Landesdenkmalamts. Weitere Tafeln desselben Designs existieren im gesamten Stadtraum Berlins. Die Tafeln sind gerahmt von einem Stahlgestell, die Texte und Bilder befinden sich auf einer beschichteten Kunststoffplatte.
Die Bildunterschriften entsprechend der Einbettung im Fließtext lauten:
[1] Gestaltung von Gustav Adolf Fintelmann aus dem Jahre 1904 (Kopie des Originalplans aus
den Bauakten).
[2] Der Mexikoplatz um 1912. Damals ein namenloser Bahnhofsvorplatz der Wannseebahn.
[3] Sehr deutlich werden hier die Vorgärten der Wohn- und Geschäftshäuser. Um 1910.
[4] Der Bahnhof Zehlendorf-Beerenstraße im Jugendstil
[5] Die gepflegte Platzanlage im Frühling. Das Blumenbeet befindet sich in der Rasenfläche
zwischen Argentinischer Allee und Beerenstraße. Um 1911.
[6] Teilansicht der Platzanlage vor der Wiederherstellung, Links das Haus Limastraße I ohne Mansarddach und rechts das Haus Argentinische Allee 2 1979