zurück zur Suche

May Ayim

Hamburg 3.05. 1960 - Berlin 9.08.1996

May-Ayim-Ufer

May-Ayim-Ufer
früher Gröbenufer
Diese Straße ist nach May Ayim, geb. 1960
in Hamburg, gest. 1996 in Berlin-Kreuz-
berg, benannt. Die Wissenschaftlerin,
Autorin, Pädagogin und Aktivistin der
Schwarzen Bewegung in Deutschland hat
in ihrem wissenschaftlichen, literarischen
und politischen Werk das Fortbestehen von
kolonialen Überlegenheitsvorstellungen
und Rassismus aufgezeigt. May Ayim,
Tochter einer deutschen Mutter und eines
ghanaischen Vaters, beschrieb rassistische
Phänomene, die vom deutschen Koloni-
alismus über die Zeit des Nationalsozialis-
mus bis heute fortwirken. Damit gab sie
wichtige Anregungen zur Auseinander-
setzung mit diesen Bestandteilen deutscher
Geschichte und Gegenwart. Deren Manifestation im Alltags-
rassismus, aber auch in kolonialen Straßennamen, hat Ayim
vielfach kritisiert. Sie war Gründungsmitglied der »Initiative
Schwarze Menschen in Deutschland« (ISD) und maßgeblich
an der Prägung und Einführung der Selbstbezeichnung
»afrodeutsch« beteiligt.
Von 1895 bis zur Umbenennung im Jahre 2010 hieß diese
Straße »Gröbenufer«. Sie war nach dem Major Otto
Friedrich von der Gröben (1657-1728)
benannt, der im 19. Und bis ins 20. Jahr-
hundert als deutscher Kolonialpionier ge-
ehrt wurde. Mit der Straßenbenennung
würdigte Kaiser Wilhelm II. In der Hoch-
phase des deutschen Kolonialismus von
der Gröben als »ersten Brandenburgischen
Colonial-Gouverneur« und »Erbauer der
Feste Gross-Friedrichsburg an der Küste
von Guinea« im heutigen Ghana (Quelle:
Geheimes Staatsarchiv). Von der Gröben
hatte Groß-Friedrichsburg im Auftrag des
Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Branden-
burg errichten lassen. Das Fort diente
zwischen 1683 und 1717 als Stützpunkt
für Handel und für die organisierte Ver-
schleppung von versklavten afrikanischen
Männern, Frauen und Kindern nach
Amerika und Europa.
Sklavenhandel ist nach der UN-Resolution
von Durban (2001) ein »Verbrechen gegen
die Menschlichkeit«, das »zu allen Zeiten
als solches hätte gelten sollen«. Kolonialismus
hat zu Rassismus, zu Diskriminierung von Menschen auf-
grund ethnischer Verschiedenheiten, zu Fremdenfeindlich-
keit und damit zusammenhängender Intoleranz geführt.
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat als Zeichen gegen
Kolonialismus und Rassismus das Gröbenufer in May-Ayim-
Ufer umbenannt. Damit soll zur kritischen Auseinander-
setzung mit dem Kolonialismus und zu einer Umkehr der
Erinnerungsperspektive angeregt werden.

Links oben auf der Stele ist ein Foto der Geehrten mit folgender Unterschrift eingefügt:
gelassen
wie ein spiegel
zeigen was ist
ohne angst zerschlagen zu werden
von dem was sichtbar ist
bevor was sichtbar wird

May Ayim: blues in schwarz weiss. Gedichte.
Orlanda Verlag, Berlin 1995

Linkerhand in den Text sind zwei Graphiken eingefügt:

Collage der NS-Kolonialpropaganda mit den Stützpunkten
Kurfürst Friedrich Wilhelms von Brandenburg für den trans-
atlantischen Sklavenhandel

Unmenschliche Transportbedingungen: zeitgenössische Darstel-
lung des Transportplans eines Sklavenschiffs

Die Enthüllung der von Helga Lieser gestalteten Gedenkstele an der Ecke von May-Ayim-Ufer und Bevernstraße fand am 29.8.2011 durch Staatssekretärin Hella Dunger-Löper, Bezirksbürgermeister Franz Schulz und Baustadtrat Hans Panhoff statt. Der deutsche Text ist vom May-Ayim-Ufer aus zu lesen. Auf der Rückseite (Blickrichtung zur Spree) steht der gleiche Text in englischer Sprache. 

zurück