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Kreuzbergurteile

Kreuzbergurteile

Kreuzbergstraße (Viktoriapark)

Die Kreuzbergurteile
Am 14. Juni 1882 erließ das Preußische Oberverwaltungs-
gericht das zweite der sogenannten Kreuzbergurteile. Sie
zählen zu den berühmtesten Urteilen der deutschen Rechts-
geschichte und gelten als Meilenstein der rechtsstaatlichen
Entwicklung Deutschlands.
Die Urteile entschieden einen Streit zwischen dem Eigen-
tümer der Grundstücke Lichterfelder Straße 4 und 5 (heute
Methfesselstraße), die östlich des Kreuzbergs verläuft, und
dem Polizeipräsidium. Der Eigentümer plante die Errichtung
eines mehrgeschossigen Mietshauses. Das Polizeipräsidium
sah dadurch die Sicht auf das von Schinkel konzipierte und
1818-1821 auf dem Kreuzberg erbaute “Nationaldenkmal
für die Befreiungskriege” gestört. Auch beeinträchtige das
Gebäude den Ausblick von diesem Denkmal auf die Stadt.
Die beabsichtigte Bebauung wurde untersagt und eine
Verordnung erlassen, die nur eine niedrigere Gebäudehöhe
erlaubte.
Das Gericht gab in den Kreuzbergurteilen dem Eigentümer
Recht. Die Polizei dürfe nur Gefahrenabwehr betreiben und
sei nicht für ästhetische Fragen zuständig. Damit begrenzte
das Gericht die Macht der Polizei, indem es die Tätigkeit
der Polizei auf deren gesetzliche Aufgabe beschränkte. Der
Gedanke der sogenannten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
gilt noch immer und wurde ein Grundprinzip des Rechts-
staats. Er ist heute im Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland in Artikel 20 Absatz 3 enthalten: “... die voll-
ziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und
Recht gebunden.”

The Kreuzberg
Decision
On 14th June 1882, the Prussian Higher Administrative Court
issued the second judgement in what came to be known
as the Kreuzberg Decision. It is among the most famous
judgements in German legal history and is considered a
seminal milestone in the development of the rule of law in
Germany.
The ruling settled a dispute between the police head-
quarters and the owner of the land at Lichterfelder Straße 4
and 5 (known today as Methfesselstraße), which runs east
of the Kreuzberg hill. The landowner had planned to build a
multistorey apartment building, but senior figures in the
police objected, arguing that the building would not only
obstruct the view of the Prussian National Monument for
the Liberation Wars - which had been designed by Schinkel
and built on top of the Kreuzberg hill between 1818 and 1821
- but also the view of the city from the vantage point of the
monument. The Berlin police prohibited the construction
and issued an ordinance restricting the maximum height of
any new structures.
In the Kreuzberg Decision, however, the court sided with
the landowner, disagreed with the Berlin police, and struck
down the ordinance. It stated that the role of the police
was limited to preventing danger to public safety and that
aesthetic issues were beyond the scope of their authority.
In doing so, the court limited the power of the police by
restricting their scope of action to their legal function. The
idea of law-based administration (“Gesetzmäßigkeit der
Verwaltung”) - in other words, the principle of the rule of
law - still applies to this day and has become a fundamental
principle of the constitutional state. It is contained in Article
20(3) of the Basic Law for the Federal Republic of Germany:
“The legislature shall be bound by the constitutional order,
the executive and the judiciary by law and justice.”

Die Gedenkstele des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg wurde gestaltet von Petra Müller (museumsfreunde). Sie steht links an einem Zugangsweg zum Park etwas östlich von der Villa Kreuzberg. Eingeweiht wurde sie am 14.6.2022, dem Jahrestag der Urteile, durch Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann gemeinsam mit Joachim Buchheister (Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg). Der deutsche Text ist auf der linken Seite der Stele, der englische auf der rechten. Im oberen Teil befindet sich ein Foto aus dem Jahr 1887 mit Blick aus der Großbeerenstraße auf den Kreuzberg. Unter der deutschen Inschrift befindet sich ein Ausschnitt der Gegend aus dem Straube-Plan von 1910.

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