Jüdinnen und Juden aus Wilmersdorf
Duisburger Straße 1 Ecke Konstanzer Straße
Not forgotten. We remember.
Ab 1900 war Wilmersdorf ein bevorzugtes
Wohngebiet für die jüdische Bevölkerung
Berlins. Ein vielfältiges jüdisches Alltags-
und Kulturleben prägte die Gegend um den
Kurfürstendamm.
Das änderte sich einschneidend nach der
Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Mit der
Umwandlung von Stadtvierteln in »judenreine Gebiete«
im Zusammenhang mit Hitlers Plänen zur Neugestaltung
Berlins verschärfte sich ab 1938 der syste-
matische Verdrängungs- und Verelendungs-
prozess der Berliner Juden. Sie wurden
enteignet oder aus ihren Wohnungen
gewiesen und hatten bei der Suche nach
Ersatzwohnraum keine große Wahl.
Angewiesen auf hilfsbereite Verwandte oder
Vermieter mussten sie sich anderswo mit
beengten Wohnverhältnissen begnügen oder
wurden in so genannte Judenhäuser ein-
gewiesen.
Die Duisburger Straße lag gerade außerhalb des »juden-
reinen Gebiets« um den Kurfürstendamm und gehörte zu
den Straßen, die Ziel vertriebener Juden waren.
In den nur 20 Häusern dieser kleinen Straße haben weit
über 100 jüdische Bürger und Bürgerinnen
die Vertreibung aus dem Alltagsleben dieser
Stadt ertragen müssen. Ab Oktober 1941
begann das letzte Kapitel ihres Leidens
mit der Deportation der Berliner Juden
in Ghettos und Vernichtungslager. Daran
erinnern Stolpersteine.
Nachbarinnen und Nachbarn 2011
Around 1900 many Jews living in Berlin began to favour
the residential area of Wilmersdorf. Jewish life and culture
flourished, providing the vicinity around the Kurfürsten-
damm boulevard with a multifaceted flair.
This ended abruptly when the Nazi Party
came to power. Adolf Hitler’s plans to
remake the city of Berlin, set into motion
in 1938, led to systematic displacement
and impoverishment of Jewish citizens.
Disowned and evicted in ever-growing
numbers, there was little choice when
searching for edequate living space.
Compelled to rely on family members
or helpful landlords, many Jews were con-
signed to cramped quarters or to so-called Jew Houses.
Duisburger Straße lay just off Kurfürstendamm – which had
been declared „cleansed of Jews” – and quickly became a
refuge for displaced Jews.
More than 100 Jewish citizens endured
the misery of displacement from their
daily lives in the twenty buildings that line
this small street. In October 1941,
the last chapter of their suffering began
with the deporatation of Jews from Berlin
to ghettos and concentration camps in
eastern Europe. „Stolpersteine” (stumbling
stones) serve as reminders.
Neighbours 2011
Auf der rechten Seite sind über einander fünf Fotos resp. Abbildungen. Die Bildunterschriften von oben nach unten:
Familie Chotzen beim Spaziergang in
Wilmersdorf, um 1930
Chotzen family in Wilmersdorf, ca. 1930
Privatbesitz: Evemarie Baumstark
www.chotzen.de
Ausschnitt SS-Plan: »Judenreine Gebiete«.
1938 mit der Duisburger Straße
Wilmersdorf in Nazi-plan „Areas cleansed
of Jews, 1938 with Duisburger Straße
Landesarchiv Berlin
Kurt Tucholsky (1890-1935), zeitkritischer
Literat jüdischer Herkunft wohnte 1927
für kurze Zeit in der Duisburger Straße 16.
Kurt Tucholsky (1890-1935) topical writer
of Jewish background, lived in Duisburger
Straße 16 for a few months in 1927.
Privatbesitz: Sonja Thomassen
Felix Nussbaum: »Wenn ich untergehe
lass die Bilder nicht sterben«, 1941
Felix Nussbaum: „When I perish, do not
let my paintings die", 1941
Nußbaum-Museum [!], Osnabrück
Berlin-Grunewald, Mahnmal Gleis 17, Ort
der Deportation in die Konzentrationslager
Memorial Wilmersdorf-Grunewald, „Track
17", from where the deportation trains left
to Nazi concentration camps
Bezirksamt Charlottenburg Wilmersdorf
Ganz unten steht:Initiative Gedenken Duisburger Straße in Kooperation mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei Kulturelle Angelegenheiten Design | Graphik. Helga Lieser
Zur Enthüllung der Gedenkstele am Sonnabend, dem 5.11.2011 um 11 Uhr sprachen für die Initiatoren Frank-Axel Dietrich und Klaus Brake sowie Kulturstaatssekretär André Schmitz und als Zeitzeugin Inge Deutschkron. Anwesend waren über 100 Menschen, darunter der ehemalige Regierende Bürgermeister Klaus Schütz, Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann, die früheren Bezirksbürgermeisterinnen Monika Thiemen und Monika Wissel, Bezirksstadtrat Marc Schulte, der Schauspieler Wolfgang Völz und die Publizistin Lea Rosh.
Eine gleiche Stele wurde später an der Ecke Duisburger Straße / Brandenburgische Straße aufgestellt.