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Jean Kolzer und Viktoria Kolzer / Hanni Levy-Weißenberg

Jean Kolzer und Viktoria Kolzer / Hanni Levy-Weißenberg

ca. 1863 - bei Berlin Anfang 1945 / (Danzig-)Langfuhr (Gdansk-Wrzeszcz) 24.2.1902 - Berlin 30.6.1976 / Berlin 16.3.1924 - Paris 22.10.2019

Nollendorfstraße 28

Im November 1943 nahmen
JEAN UND VIKTORIA KOLZER
das ihnen bis dahin
unbekannte jüdische Mädchen
HANNI LEVY-WEISSENBERG
bei sich auf, versteckten sie
in dieser Wohnung bis nach Kriegsende
und retteten ihr so das Leben.

Hanni Lévy wurde am 16.3.1924 in Berlin-Tempelhof geboren und wuchs am Kaiserkorso 113 (heute Kleineweg 55), später in der Kreuzberger Solmsstraße 41 auf. Ihr Vater Felix Weißenberg (*15.6.1883) starb am 25. Januar 1940, ihre Mutter Alice (*23.2.1890) am 29. April 1942. Die Mutter weigerte sich offenbar, den Zwangsvornamen Sara anzunehmen, denn in den Berliner Adressbüchern 1941 und 1942 ist sie als Witwe Alice W. eingetragen. Beide Eltern sind auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee begraben.

Die junge Frau musste Zwangsarbeit bei der Spinnstoffabrik Zehlendorf leisten. Mit Glück und Kaltblütigkeit entging sie der Deportation am 3.2.1943 und tauchte unter. Sie fand Hilfe und Unterstützung bei verschiedenen Menschen, konnte längere Zeit bei Elfriede, Grete und Arthur Most in der Berliner Straße 117 (heute Otto-Suhr-Allee) bleiben.

Im November 1943 war sie gezwungen, sich eine neue Unterkunft zu suchen, weil Mosts wegzogen. Die ihr nur durch Kinobesuche und kurze Gespräche bekannte Kinokassiererin Viktoria Kolzer war dazu bereit. Durch einen langen Krankenhausaufenthalt des fast 40 Jahre älteren Ehemannes ab Januar 1944 wohnten die beiden Frauen allein. Kolzers Sohn war im Krieg.

In der Nollendorfstraße erlebte Hanni Weißenberg mit ihrer „Mutti", wie sie Frau Kolzer nannte, die Befreiung am 29. April 1945. Sie blieb dort bis zum Herbst 1946, als sie zu ihrem Onkel nach Paris übersiedelte, wo sie bis zu ihrem Tod lebte.

Die Geschichte ihres Überlebens hat sie 1993 für ihre Familie niedergeschrieben und selbst ins Deutsche übersetzt. Nachzulesen ist es in: Orte des Erinnerns, Bd. 2, Jüdisches Alltagsleben im Bayerischen Viertel (Hrsg. Kunstamt Schöneberg, Schöneberg Museum in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz, Berlin 1995, S. 61-69) und in der Ausstellung „Wir waren Nachbarn" im Rathaus Schöneberg.

Die Messingtafel für die „Stillen Helden" wurde Ende September 2010 rechts neben dem Eingang zur Erdgeschosswohnung im Hof des Hauses von Anwohnern angebracht. Zur Enthüllung war Frau Lévy anwesend.

Im Sommer 2018 wurden an der Hausfront rechts neben der Einfahrt zwei kleine Acrylglastafeln angebracht. Auf der linken Tafel befindet sich ein Foto mit Viktoria, Oskar und Jean Kolzer. Auf der rechten Tafel steht die Inschrift zweisprachig deutsch und englisch in zwei Spalten nebeneinander:

Stille Helden des Widerstandes
Am 22. November 1943 nahmen
Viktoria und Jean Kolzer und ihr
Sohn Oskar die 19jährige jüdische
VollwaiseHanni Weissenberg in
ihrer 1 1/2 Zimmerwohnung auf
(r. Seitenflügel, Parterrre).
Sie schützten sie so bis Kriegsende
vor der Deportation.
Hanni Lévy-Weissenberg lebt seit
1946 in Paris.
Berlin, 30. Juni 2018
Die Eigentümergemeinschaft

Silent heroes of resistance
On November 22nd, 1943, Viktoria
and Jean Kolzer together with their
son Oskar, took the 19-year-old
Jewish orphan Hanni Weissenberg
into their 1 1/2 room apartment on
the ground floor, on the right hand
side of the courtyard. They protected
her from deportation until the end of
the war.
Since 1946 Hanni Lévy-Weissenberg
has been living in Paris.
Berlin, June 30th, 2018
The house owners’ community

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