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Glienicker Brücke

Glienicker Brücke

Königstraße (Südseite vor d. Brücke)

Die Glienicker Brücke
Die Glienicker Brücke ist seit alters her auch ein Ort der Gegensätze.
In ihrer über dreihundertjährigen Geschichte verkörperte sie ebenso
die Verbindung zwischen Berlin und Potsdam, wie sie auch die beiden
Städte voneinander trennte und nach 1945 für vierzig Jahre die Grenze
zwischen Ost und West markierte.
Nach 1660 unter dem Großen Kurfürsten als einfache Holzbrücke
errichtet, verkürzte sie die vordem über Kohlhasenbrück laufende
Verbindung zwischen Berlin und Potsdam beträchtlich und schuf damit
eine wesentliche Voraussetzung zum Aufstieg Potsdams zur zweiten
brandenburgischen Residenzstadt. Zugleich bildete sie die zur Verhin-
derung von Desertionen scharf bewachte Grenze der Garnisonsstadt
Potsdam, die seit 1772 nicht mehr ungehindert passiert werden durfte
und an der die Akzise auf eingehende Waren erhoben wurde.
Blickpunkt der Parklandschaft
Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Strecke von Berlin nach Potsdam
zu einer preußischen Musterchaussee ausgebaut, woraufhin die
Fahrzeit zwischen beiden Städten für Postkutschen von acht auf vier
Stunden sank. 1831 bis 1834 wurde die Holzbrücke durch eine
Steinbrücke mit hölzernen Zugklappen nach Entwürfen Karl Friedrich
Schinkels ersetzt. Zum Bau wurden Ziegelsteine aus der Königlichen
Ziegelei bei Joachimsthal verwendet, deren gelber Farbton und
abwechslungsreiche Formung die brücke harmonisch in die Umgebung
einpassten.
Als anziehender Blickpunkt viel gerühmt, schuf die neue Glienicker
brücke nicht nur eine Verkehrsverbindung, sondern auch eine
ästhetische Beziehung zwischen Natur und Architektur. Sie verband
Schloss Glienicke und die Pfaueninsel mit der von Schloss Babelsberg
über die Sacrower Heilandskirche bis zum Neuen Palais im Westen
reichenden Potsdamer Kulturlandschaft.
Der rasch zunehmende Straßen- und Wasserverkehr erzwang an der
Wende zum 20. Jahrhundert einen Neubau. Schinkels flache
Steinbrücke wurde 1906 abgerissen und durch ein doppelt so breites
Eisenbauwerk ersetzt, das die gestalt einer Hängebrücke erhielt und
mit seiner Durchfahrthöhe von 4,30 Meter auch größeren Schiffen
Durchlass bot.
Der Neubau wurde auf der westlichen Seite mit steinernen Kolonnaden
verziert, die den Charakter der Brücke als Eingangstor nach Potsdam
unterstrichen und in eine architektonische Beziehung zum Potsdamer
Stadtschloss setzten. Doch ungeachtet ihrer bis ins Detail sorgfältigen
Verzierungen wurde die neue Brücke gegenüber ihrem anmutigen
Vorgängerbau von vielen Zeitgenossen als ein Fremdkörper empfunden,
der tief in die von Lenné und Schinkel geschaffene Parklandschaft
einschnitt. Der ästhetische Rang der Glienicker Brücke war fortan
gering, ihr politischer aber stieg umso höher und ebenso ihre Bedeutung
für den Straßenverkehr. Über die Brücke verlief gemäß Reichs-
straßenordnung von 1934 die Reichsstraße 1 von Aachen nach Königs-
berg, die 1937/38 auf Zehlendorfer Seite vierspurig ausgebaut wurde.

Die Glienicker Brücke
Die Brücke der Einheit als Symbol der Teilung
Die Glienicker Brücke wurde durch die Fliegerangriffe des Zweiten
Weltkrieges nicht in Mitleidenschaft gezogen und überstand auch die
Zerstörung Potsdams am 14. April 1945. Erst unmittelbar vor Kriegsende
wurde sie von deutschen Truppen gesprengt. Eine von sowjetischen
Pionieren errichtete Pontonbrücke sicherte die Verbindung zwischen
Berlin und Potsdam zur Zeit der Potsdamer Konferenz, auf der im
Sommer 1945 die weichenstellenden Entscheidungen über die
europäischen Nachkriegsgrenzen und der damit verbundenen
Bevölkerungsverschiebungen sowie die Verwaltung Deutschlands
getroffen wurden.
In den Folgejahren wurde die Brücke von Behörden der Sowjetischen
Besatzungszone mühevoll in Stand gesetzt. Zu ihrer Wiedereröffnung
am 19. Dezember 1949 verfügte die Brandenburgische Landesregierung,
dass sie fortan als ständige Mahnung zur Einheit Deutschlands und
zur Einheit der antifaschistischen Parteien die Bezeichnung „Brücke
der Einheit” tragen solle. Doch ihrem Namen zum Hohn konnte die
Glienicker Brücke ab 1952 in beiden Richtungen nur noch mit
Sonderausweis betreten werden, für Privatverkehr war sie gesperrt.
Mit der Abriegelung der innerstädtischen Grenzen am 13. August 1961
wurde die Brücke Teil des Mauerrings, der West-Berlin von seinem
Umland abtrennte. Seither konnten fast drei Jahrzehnte lang nur noch
Fahrzeuge der alliierten Militärmissionen die Brücke passieren, über
die einstmals der Verkehr von Berlin nach Westen geflossen war.
Fortan wurde die streng bewachte Grenze, die „tote” Brücke, zu einem
Mythos des Kalten Krieges. Hier fuhren jahrelang auf beiden Seiten
Lautsprecherwagen auf, die im Kampf der Systeme die jeweils
gegenüberliegende Seite propagandistisch beschallten. Mehrfach
diente die Brücke auch als Bühne des spektakulären Agentenaustauschs
von Ost und West. Im Februar 1962 wechselten hier der amerikanische
Aufklärungspilot Gary Powers und der sowjetische Meisterspion Rudolf
Abel die Seiten, und 1985 überstellte die DDR an gleicher Stelle
23 amerikanische Geheimdienstler im Austausch gegen vier im Westen
verhaftete Spione. Im Februar 1986 nahm US-Botschafter Richard
Burt auf der Mitte der Brücke den in der Sowjetunion wegen Spionage
inhaftierten Bürgerrechtler Anatolij Schtscharanski in Empfang. Jede
dieser Aktionen wurde von großer Medienaufmerksamkeit begleitet
und stärkte den Ruf der Glienicker Brücke als mythischer Agentenort
des Kalten Krieges.
Nur wenige Jahre später wurde die Glienicker Brücke schließlich zum
Schauplatz bewegender Freude über die wiedergewonnene Freiheit
der ostdeutschen Bevölkerung. Der Fall der Berliner Mauer ereignete
sich hier erst einen Tag später als an der innerstädtischen Grenze.
Am 10. November 1989 um 18 Uhr gingen auch an der Glienicker
Brücke endgültig die Schlagbäume hoch, die an dieser Stelle die Welt
vier Jahrzehnte lang in zwei Hemisphären geteilt hatten.
Martin Sabrow

Die Inschrift befindet sich auf beiden Seiten der roten Stele. Zuerst aufgeführt ist der Text der Ostseite, anschließend der Text auf der Westseite. Auf beiden Seiten befinden sich übereinander jeweils fünf Fotos bzw. Abbildungen. Ostseite, von oben nach unten: Johann Friedrich Nagel, Die erste Glienicker Brücke und das alte Jagdschloss Glienicke, 1788; Schinkels Glienicker Brücke, um 1900; Schinkels Glienicker Brücke mit geöffneter Zugbrücke, um 1905; Neue Glienicker Brücke, um 1910; Die zerstörte Glienicker Brücke, 1945; Westseite, von oben nach unten: Bereitgestellte BVG-Busse, 22. Juni 1953 [dieses Foto zeigt, dass anfänglich die Brücke nach Schließung der West-Berliner Außengrenze Ende Mai 1952 bis 3.7.1953 von Fußgängern aus der DDR mit Sondergenehmigung noch passiert werden konnte]; Kontrollpunkt, 7. Juli 1955; Anatolij Schtscharanski beim Austausch, 1986; Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke, 1986; nach der Grenzöffnung, 12. November 1989.
Konzeption und Gestaltung der Stele lagen bei Karin Rosenberg. Die Einweihung durch Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski war am Sonnabend, dem 13.8.2011, 17.30 Uhr. Neben ihr sprach der Historiker und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Martin Sabrow.

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