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Fußballroute - 1:75 Alte Försterei

Fußballroute - 1:75 Alte Försterei

An der Wuhlheide 263

In einem Spiel gegen Hertha BSC
ist »Eisern Union!« erstmals zu hören.

Seit dem 7. August 1920 ist Union in der Wuhlheide
zuhause. In der Saison 1922/23 erreichen die
Fußballer aus Köpenick die Endrunde um die Deutsche
Meisterschaft. Nach Siegen über Arminia Bielefeld
und die SpVgg Fürth im Viertel- und Halbfinale
trifft Union im Endspiel auf den Hamburger SV.
Vor 64.000 Zuschauern im Deutschen Stadion
in Grunewald kann die Mannschaft den HSV nicht
bezwingen. Die Erfolge des Vereins wecken in
Berlin und ganz Deutschland Interesse und Begehr-
lichkeiten. Etliche Spieler verlassen den Verein und
wechseln zu finanzstärkeren Klubs, sodass nach 1923
das sportliche Niveau nicht mehr gehalten werden
kann. In dieser Talfahrt ist der Legende nach der
heute noch zelebrierte Anfeuerungsruf »Eisern
Union!« in einem Spiel gegen den Stadtrivalen
Hertha BSC erstmals zu hören. Es dauert fast zwei
Jahrzehnte, bis Union wieder Fußballgeschichte
schreibt und Berliner Meister wird.

(Bildunterschriften:)

Nach der Errichtung der NS-Diktatur ordnen sich die Fußball-
Funktionäre in der Mehrheit den neuen politischen Verhältnissen
unter. Auch der SC Union Oberschöneweide wird zur Organisation
des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen. Die
Mannschaft um Spielführer Herbert Raddatz qualifiziert sich für
die Vorrunde der Kriegsmeisterschaft 1940, scheidet aber gegen
Rapid Wien aus.

1945 wird der Verein wie alle Fußball-Clubs in Deutschland als
Organisation des NS-Regimes von den alliierten Supermächten
aufgelöst und existiert fortan als SG Oberschöneweide, der sich
vornehmlich aus den Union-Spielern zusammensetzt, die den
Krieg überlebt haben. Die Mannschaft spielt sich in den unmittel-
baren Nachkriegsjahren schnell an die Spitze des Berliner Fuß-
balls und gewinnt 1947 und 1948 den Pokal des Amerikanischen
Rundfunks RIAS sowie im selben Jahr die Meisterschaft der
Stadtliga.

Als der Deutsche Sportausschuss als Dachverband der Sport-
bewegung in der sowjetischen Besatzungszone die Einführung
des Vertragsspielerstatuts für die Saison ab 1950 durch den
neugegründeten Fußballverband in Berlin nicht anerkennt, zieht
der ostdeutsche Verband seine Vereine aus der Stadtliga ab. Doch
in der begonnenen Spielzeit 1949/1950 spielt Union Oberschöne-
weide noch erfolgreich in der Gesamtberliner Liga. Nachdem die
Funktionäre der Mannschaft die Teilnahme an der Deutschen
Meisterschaft verweigern, reist das Team im Mai 1950 ohne
Erlaubnis nach Kiel zur Partie gegen den HSV ab und zahlreiche
Spieler und Vereinsverantwortliche verlassen die DDR.

Die im Osten verbliebenen Union-Spieler werden in die entsteh-
dende DDR-Oberliga aufgenommen, scheitern dort jedoch sportlich.
Bis Anfang der 1960er Jahre können sich die Köpenicker, die in
den folgenden Jahren unter dem Namen Motor Oberschöneweide,
Sportclub Motor Berlin, Turn- und Sport-Club Oberschöneweide
und Turn- und Sport-Club Berlin antreten, trotz aller Bemühungen
nicht vom personellen Aderlass erholen, zumal die Sportpolitik
der DDR immer wieder in die Belange des Vereins eingreift.

(auf der anderen Seite:)

Der Gewinn des FDGB-Pokals
ist der größte Erfolg in Unions Vereinsgeschichte.

1968 feiert der 1. FC Union mit dem Gewinn des
FDGB-Pokals den größten Erfolg in seiner Vereins-
geschichte. Nach Siegen über Sachsenring Zwickau
und den FC Vorwärts Berlin wird im Finale der
damalige DDR-Meister FC Carl Zeiss Jena mit
2:1 bezwungen. Spieler wie Günter »Jimmy« Hoge,
Wolfgang Wruck oder Reinhard Lauck werden zu
Union-Legenden. Die Teilnahme am Europapokal der
Pokalsieger ist dem Verein jedoch verwehrt, da der
Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in
die CSSR den internationalen Sportbetrieb nachhaltig
stört und der DDR-Verband Union aus dem Wett-
bewerb zurückzieht. In den Folgejahren kommt Union
über das Mittelmaß der DDR-Oberliga nicht hinaus
und muss immer wieder in die zweithöchste Spiel-
klasse des Landes absteigen.

(Bildunterschriften:)

Mitte der 1960er Jahre stagniert der DDR-Fußball, weshalb
die Funktionäre des Landes die Bildung von Fußball-Clubs
zur Bündelung der sportlichen und wirtschaftlichen Potenziale
beschließen. So wird am 20. Januar 1966 aus dem Turn- und
Sport-Club Berlin heraus der 1. FC Union Berlin gegründet,
wobei die Bevölkerung Berlins durch eine Presseumfrage an der
Namensgebung beteiligt ist. Das Votum fällt für „Union“
aus und bedeutet eine eindeutige Rückbesinnung auf die großen
Traditionen des Oberschöneweider und Köpenicker Fußballs.

Nach dem Vorbild des FDGB-Pokals auf
Landesebene werden auch Pokalwettbewerbe
in den Bezirken der DDR ausgespielt. Die
II. Mannschaft des 1. FC Union gewinnt 1970,
1974 und 1985 die Berliner Wettbewerbe. Die
Trophäe ist dem Pokal des Landes ähnlich und
aus Bronze gegossen, aber deutlich kleiner.

Die Fans des 1. FC Union wollen nicht nur ins Stadion gehen und
die Mannschaft anfeuern, sondern auch selbst Fußball spielen.
So entsteht 1981 unabhängig von den offiziellen Strukturen des
DDR-Sports, aber mit Duldung des Vereins, die Union-Liga mit
einem geregelten Staffelbetrieb. 1983 folgt der Union-Pokal, den
bereits 32 Fanclubs ausspielen.

In den 1970er und 1980er Jahren entsteht in der DDR eine
Fan-Kultur, die von der Staatsmacht als subversiv angesehen
wird. Die Funktionäre versuchen einerseits die überwiegend
jugendlichen Fußball-Begeisterten in Fanclubs einzubinden und
lassen andererseits bei unbedeutenden Anlässen massiv
drangsalieren. Die Orientierung an den Vereinen des Westens und
die Reisen zu Spielen der Bundesliga-Vertreter in den Ostblock-
Staaten werden von der Staatssicherheit verfolgt, was nicht
wenige Fans vollständig gegen die DDR-Gesellschaft aufbringt
und ungewollt politisiert.

(auf der nächsten Seite:)

Die Saison 2000/2001
wird für den 1. FC Union zur Erfolgsstory.

Die Saison 2000/2001 wird für den Verein zur
Erfolgsstory. Souverän erreicht die Mannschaft in
der neugegliederten Regionalliga Nord den ersten
Rang und steigt in die 2. Bundesliga auf. Sensationell
gelingt dem Team nach Siegen über die spielklassen-
höheren Mannschaften Rot-Weiß Oberhausen,
Spielvereinigung Greuther Fürth, SSV Ulm 1846,
VfL Bochum und im Halbfinale nach Elfmeterschießen
gegen Borussia Mönchengladbach der Einzug ins
Endspiel des DFB-Pokals. Nach beherztem Auftreten
müssen sich die Köpenicker dem deutschen Vize-
meister Schalke 04 mit 0:2 beugen, gewinnen aber
viel Sympathie und gelten spätestens ab jetzt im
ganzen Land als Fußball-Club mit Kultstatus. Da der
FC Schalke für die Champions League qualifiziert ist,
nimmt der 1. FC Union als Pokalfinalist am UEFA-
Cup-Wettbewerb teil, scheidet aber in der zweiten
Runde aus.

(Bildunterschriften:)

Nach dem Fall der Mauer und den tiefgreifenden gesellschaftlichen Verän-
derungen wandeln sich auch die Rahmenbedingungen des Sports im Osten
Deutschlands. In den 1990er Jahren ist der 1. FC Union sportlich Mittelmaß
und wirtschaftlich oft am Abgrund. Die Fans spenden Geld und demonstrieren
für den Erhalt ihres Vereins sogar vor dem Brandenburger Tor, doch erst das
finanzielle Engagement von Michael Kölmel, Chef der Münchener Kinowelt AG,
bringt 1998 Sicherheit und die Voraussetzungen für den Ausschwung.

Union geht im Profifußball eigene Wege, soweit es möglich ist.
2.333 Mitglieder und Fans werden in den 13-monatigen Umbau
des Stadions während der Saison 2008/2009 als freiwillige
Arbeitskräfte eingezogen, was Millionen Euro spart und die
Identifikation mit dem Verein stärkt. Für Aufsehen über die
Fußball-Welt hinaus sorgt 2011 der Verkauf der Alte-Försterei-
Aktie, um das Stammkapital der Stadionbetriebs-AG zu erhöhen
und den Bau der Haupttribüne zu sichern. Bis zum Ende der
Zeichnungsfrist gehen 5.473 Aktien und fast die Hälfte des Grund-
kapitals im Streubesitz an die Mitglieder und an wirtschaftliche
Partner des Clubs über.

Union setzt auf den Nachwuchs und besitzt seit 2002 offiziell
ein Nachwuchs-Leistungszentrum, das seit 2008 zwei Sterne
des vom DFB eingeführten Zertifizierungsverfahrens tragen kann.
Eng kooperiert der Verein mit der Köpenicker Flatow-Schule, die
als „Elite-Schule des Fußballs“ anerkannt ist. Klassenfahrt und
Mannschaftsausflug werden bei den Köpenickern nicht selten zu
einer Angelegenheit.

1990 schließen sich die Frauen der aufgelösten BSG KWO Berlin dem
1. FC Union an und nehmen mit ihrem neuen Verein an der letzten DDR-
Frauenfußball-Weltmeisterschaft teil. Mit dem achten Rang qualifizieren sie sich
für die neugeschaffene zweitklassige Oberliga Nordost, der sie aber nur kurze
Zeit angehören. In den Spielzeiten 2007/08, 2008/09 und 2014/15 spielen
die Frauen in der 2. Bundesliga des DFB und werden 2006, 2007 und 2014
Berlin Pokalsieger.

(auf der nächsten Seite unter dem Orientierungsplan:)

During a match against Hertha
BSC fans for the first time
shouted »Eisern Union!«.

Since August 7, 1920, the Union club had made its home in the stadium at the
Wuhlheide. In the 1922/23 season, the footballers from Köpenick made it to
the final round in the German championship. After defeating the team Arminia
Bielefeld and the Spielvereinigung Fürth team in the quarter- and semi-finals,
Union played against the Hamburger SV (Hamburg sports club) in the final
match. The match drew 64,000 spectators to the Deutsche Stadion (German
Stadium) in Grunewald, but the team could not prevail over the HSV’s players.
The club’s earlier successes had awakened interest, ambitions, and desires in
Berlin as well as throughout Germany. Several players then left the Union club
and switched to clubs that were in a stronger financial position. Their leaving
was the reason why after 1923 the Union Club could not maintain its earlier
level of high-quality sports. Legend has it that during this decline, the team
was cheered on for the first time by fans shouting »Eisern Union!« (iron Union)
when the team was playing against its city rival Hertha BSC. That cheer is still
chanted by enthusiastic fans even today. It took almost two decades before the
Union club made football history again by winning the Berlin championship.

Winning the FDGB Cup was the
biggest success in the history
of the 1. FC Union.

In 1968, the 1. FC Union winning the FDGB Cup celebrated this as the greatest
success in its history. After defeating the teams of Sachsenring Zwickau and
the FC Vorwärts Berlin, the Union team triumphed over the FC Carl Zeiss Jena
team, back then the GDR champion, in the final round with a score of 2:1. The
victorious players, among them Günter »Jimmy« Hoge, Wolfgang Wruck, and
Reinhard Lauck, became the Union Club’s living legends. However, the club
was denied the opportunity to compete for the Cup Winners’ Cup because the
invasion of Czechoslovakia (CSSR) by Warsaw Pact troops caused a significant
and long-term disruption in international sports, and the GDR’s football
association pulled the 1. FC Union out of the cup competition. In the years
that followed, Union never advanced beyond mid-level achievement in the
GDR Oberliga (premier league) and was repeatedly relegated to the nation’s
second highest league.

The 2000/2001 season turned into
a success story for the 1. FC Union.

The 2000/2001 season turned into a success story for the club. With easy
confidence the team placed first in the newly organized third division North
and moved up into the German second league. After spectacular wins against
the teams Rot-Weiß Oberhausen, Spielvereinigung Greuther Fürth, SSV Ulm
1846, VfL Bochum, and in the semi-final on penalty shoot-out against Borussia Mönchengladbach – all of them teams in a higher league – the Union team
played in the final round for the DFB Cup (DFB, German Football Association).
After a brave and spirited start, the team from Köpenick was defeated in the
final round by the German runner-up Schalke 04 with a score of 0:2. The
Union players gained much sympathy, and henceforth in the eyes of the whole
nation the club had achieved iconic status. Since the FC Schalke team was
qualified for the champion league (Champions League), the 1. FC Union as cup
finalist played in the UEFA Cup (Union of European Football Associations)
matches but was eliminated in the second round.

Die FUSSBALL ROUTE BERLIN existiert seit Mai 2015; sie führt in drei Routen zu 40 Orten in der Stadt und macht die Geschichte des Fußballs erfahrbar. Sie ist ein Projekt von Sport:Kultur e.V. auf Initiative des Berliner Fußball-Verbandes.

Aus Gründen des Denkmalschutzes können nicht alle Tafeln im Stadtraum aufgestellt werden; an einigen Standorten sind alternativ demnächst Bodenplatten zu finden. Konkrete Hinweise dazu sowie zusätzliche Tondokumente, Literaturhinweise und weitere Informationen unter: www.fussballrouteberlin.de sowie auf den Tafeln „0:0 Brandenburger Tor“ und "Fußballroute - 1:3 Askanisches Gymnasium".

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