Elementweise (Nikolaiviertel 1)
Spandauer Straße 17
Das großflächig im Zweiten Weltkrieg zerbombte Areal ist 34 Jahre
nach Kriegsende noch immer großteils Brachland, ausgerechnet
im Stadtzentrum und direkt am Rathaus, wie ein Dorn im Auge.
Mit einem städtebaulichen Wettbewerb, den 1979 der Architekt und
Planer Günter Stahn für sich entscheidet, unternimmt die Regierung der
DDR einen ersten Schritt, diesen Stachel aus Prestigegründen und
Notwendigkeit zu den 750-Jahr-Feiern Berlins zu ziehen.
Ort der Stadtgründung und Mittelpunkt aller Planung sind das älteste
Gebäude der Stadt, die stark beschädigte Nikolaikirche (M3) und
die Rekonstruktion des Nikolaikirchplatzes und der angrenzenden
Bebauung. Mit dem Knoblauchhaus (M5) befindet sich dort
zudem das letzte in Berlins Mitte erhaltene Bürgerhaus des 18.
Jahrhunderts.
Mittelalterliches Raumgefühl anno 1987:
Für Stahn stand von Anfang an fest, dass die Gestalt des Viertels dem
historischen Zentrum und seiner nach liturgischen Gesichtspunkten
geosteten Kirche als Rahmen dienen und sich am ursprünglichen
Straßenverlauf orientieren müsse.
Die Mischung aus Originalen, Rekonstruktionen und „Plattenbauten“ ist
kein Zufall – im Gegenteil dient die einfachere Gestalt der Element-
bauten den Solitären bewusst als Hintergrund. Traufhöhe und Fassaden
führen stufenweise zum Nikolaikirchplatz und lassen das Wahrzeichen
hervortreten, ohne es zu isolieren. Absichtsvoll hat Stahn ein Abbild
von historisch gewachsenem Stadtraum erzeugt, dass im Kontrast zu
den sonst eher großmaßstäblichen Bauten, Achsen und Flächen der
DDR-Zeit steht und Originale und Abbilder einer 750-jährigen Stadt-
entwicklung auf erstaunlich selbstverständlich wirkende Weise vereint
– ein Brückenschlag zwischen dem ältesten erhaltenen Gebäude
der Stadt und moderner Elementbauweise der DDR kurz vor dem
Mauerfall.
Das Ergebnis ist ein atmosphärischer und fußgängerfreundlicher
Stadtraum, der seinen Charme auch und gerade aus den eigens
entworfenen Arkaden- und Sonderelementen nährt.
Nikolai Quarter:
The district was extensively bombed during the 2nd World War
and large areas remained barren into the 1980s, a thorn in the
eye directly across from City Hall. The East German government
took initial steps in removing this eyesore with a contest for
redevelopment plans, won by the architect Günther Stahn in
1979, in preparation for the city’s 750th anniversary.
The heavily damaged Nikolaikirche (M3), Berlin’s oldest
building and the location of the city’s founding, was the focal
point of Stahn’s planning, alongside the reconstruction of
Nikolaikirchplatz and surrounding buildings. The oldest
surviving eighteenth-century bourgeois house in Berlin’s city
centre, the Knoblauchhaus (M5), is also located nearby.
Urban space with a medieval feel:
For Stahn, it was clear the quarter needed to be based on its
original street layout, providing a framework for the historic
centre and its church, which points to the east for religious
reasons. The blend of original, replicated and prefabricated
buildings is not random: in fact, the geometric facades provide
an apt backdrop for the quarter’s monuments. The buildings shrink
in size as they near Nikolaikirchplatz in order to provide free
perspectives of the church without isolating it. Stahn intentionally
designed the quarter to mimic an organic evolution,in contrast
to the monumental spaces and corridors that characterized
East Germany city planning. Stahn’s design unifies original
buildings and revivalist structures from Berlin’s 750-year
development in a surprisingly natural way – bridging the
gap between the city´s oldest building and the industrial
construction methods employed shortly before the fall of
the Berlin Wall.
The result is an atmospheric and pedestrian-friendly townscape
that derives much of its charm from its specially-designed
arcades and other architectural embellishments.
Jede der 19 Gedenktafeln ist Teil des historischen Pfades, der quer durch die Berliner Altstadt des Nikolaiviertels konzipiert wurde. Mithilfe der Nummerierungen und einer Karte des Stadtviertels, die auf jeder der Tafeln unten links abgebildet ist, kann eine Stadtführung in eigenem Tempo vorgenommen werden. Die mit Bildern ausgeschmückten Informationen in deutscher und in englischer Sprache erzählen die bis ins 12. Jahrhundert zurückgehenden sowohl amüsanten als auch bestürzenden Geschichten zu den Bauwerken und berühmten Persönlichkeiten.
Die erste Gedenktafel befindet sich auf der Spandauer Straße und ist auf dem Grünstreifen direkt gegenüber vom Roten Rathaus aufgestellt. Sie erzählt von dem vom Architekten Günther Stahn bewusst in Elementbauweise entworfenen modernen Gebäuden, die im Kontrast zu den Bauten des historischen Viertels stehen.
Die Bildunterschriften von links nach rechts lauten:
Elementbauweise Spandauer Ecke Rathausstraße
Elemente aus der Poststraße gesehen
(Q.: BERLIN, Das Nikolaiviertel, Günter Stahn)