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Eisernes Preußen & tapfere Müller (Nikolaiviertel 11)

Eisernes Preußen & tapfere Müller (Nikolaiviertel 11)

Poststraße 12

Das „Hessesche Haus“, wie der Vorgängerbau der jetzigen Poststraße
12 lange hieß, wurde im Lauf der Jahrhunderte immer wieder und teils
radikal umgebaut. Verwinkelte Nebengebäude boten einer Vielzahl
kleiner Gewerbe Platz.
1893 ersetzte hier ein „Neubau“, mit zeittypisch klarer Gliederung
in ein prächtiges Vorderhaus, Seiten- und Quergebäude das produk-
tive und gewachsene Durcheinander.
Im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und inzwischen selbst ein Altbau,
wurde das Haus 1981 in Anlehnung an die originale Gestaltung
erneuert und diente bis 1990 der Produktionsleitung Denkmalpflege
als Standort.
Eisernes Preußen: Nach dem Tod der Königin Luise 1810 trugen
trauernde Preußen Schmuck aus geschwärztem Eisen.
Diesen Umstand machte sich 1813 Prinzessin Marianne zunutze,
als sie unter dem Slogan „Gold gab ich für Eisen“ die Bevölkerung
aufrief, mit dem Erlös derart umgetauschten Schmucks die Soldaten im
Kampf gegen Napoleon auszurüsten.
So nahm die Produktion des „Fer de Berlin“ einen ungeahnten Auf-
schwung und das „Berliner Eisen“ machte sich sogar im verfeindeten
Frankreich einen Namen.
Dies zog nicht nur die Fertigung verchiedenen Schmucks, sondern
auch von Nippes, Beschlägen und Gebrauchsartikeln mit sich. Hier
in der Poststraße 12 befand sich zwischen 1819 und 1840 das
Ladengeschäft des Eisenkunstgießers Simeon Pierre Devaranne,
an den die gusseisernen Laternenhalter erinnern.
Neben der Königlichen Eisengießerei und den Gebrüdern Geiß war
sein Betrieb führend. Auf Anregung Schinkels wandte sich Devaranne
dem Zinkguss zu. Von familiären Schicksalsschlägen getroffen, verlor
sein Betrieb an Bedeutung – 1859 starb Devaranne vereinsamt.
Während der Nazidiktatur versteckte Frau Eichhorn, die mutige
Inhaberin der damals hier ansässigen „Pension Sternkopf”, verfolgte
Juden in den Gasträumen.
Die Betreiber des ebenfalls im Haus gelegenen Lebensmittelladens,
Familie Müller, versteckten in ihrer Laube in Nordend gleichfalls
Juden und versorgten die hier und dort Untergetauchten mit
Nahrung.


Hessesches Haus was the former name of the house located
at 12 Poststrasse, an address which has been radically
redeveloped over the course of the centuries.
Various annexes previously accommodated a multitude of
small businesses. In 1893, a new building was erected,
consisting of an immaculate front building and two
attached wings – a common design in Berlin.
Heavily damaged during the Second World War, the building
was rebuilt in 1981 based on its original design as part
of the quarter’s redevelopment.
Iron Prussia:
After Queen Luise’s death in 1810, many Prussians
wore jewellery made of blackened iron to symbolize
their mourning.
Making good use of this circumstance, in 1813 Princess
Marianne called upon the Prussian people to donate in the
fight against Napoleon by exchanging their jewellery under
the slogan ‘I gave gold for iron’.
The production of Fer de Berlin thus received an unexpected
boost and even gained a reputation in hostile France. Not
only jewellery was produced, but knickknack, fittings and
commodities as well.
12 Poststrasse was also once the address of a leading
craftsman of cast iron, Simeon Pierre Devaranne
(† 1859). The cast-iron lanterns were installed
in his tribute.
Courageous citizens:
During the Nazi dictatorship, Mrs. Eichhorn, the landlady
of the Pension Sternkopf guesthouse, which was formerly
located here, hid away Jews in her guestrooms.
The owners of the building’s grocery shop, the Müller
family, provided them with food. The Müllers also
provided safe haven to Jews in hiding at their
ssummer house on the northern outskirts of Berlin.

Jede der 19 Gedenktafeln ist Teil des historischen Pfades, der quer durch die Berliner Altstadt des gesamten Nikolaiviertels konzipiert wurde. Mithilfe der Nummerierungen und einer Karte des Stadtviertels, die auf jeder der Tafeln unten links abgebildet ist, kann eine Stadtführung in eigenem Tempo vorgenommen werden. Die mit Bildern ausgeschmückten Informationen in deutscher und in englischer Sprache erzählen die bis ins 12. Jahrhundert zurückgehenden sowohl amüsanten als auch bestürzenden Geschichten zu den Gebäuden und berühmten Persönlichkeiten.

Die elfte Gedenktafel ist direkt an der Außenwand der heutigen Poststraße Nr. 12 angebracht. Sie erzählt die vielseitige Vorgeschichte dieser Adresse, wie die vom „Berliner Eisen“, welches hier im 19. Jhdt. vom Eisenkunstgießer Simeon Pierre Devaranne hergestellt wurde oder von tapferen Ladenbesitzern und Besitzerinnen, die Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus ein Versteck boten.

Die Bildunterschriften von links nach rechts lauten:

Obstschale

Topfuntersetzer

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