Ehemaliger Luisenstädtischer Kanal - Engelbecken
Map Michaelkirchplatz / Leuschnerdamm
Der Luisenstädtische Kanal wird Mitte des 19.
Jh. als Schifffahrtskanal zwischen Spree und
Landwehrkanal im Zuge der baulichen
Erweiterung Berlins auf der Grundlage des von
Peter Joseph Lenné (1789-1866) entworfenen
„Bebauungsplan für das Cöpenicker Feld" angelegt.
Als Vorbilder dienen die Straße Unter den Linden
und insbesondere der Kanal in Schloss
Nymphenburg, ein Hinweis auf die Gemahlin
von König Friedrich Wilhelm IV., Elisabeth,
Tochter des bayrischen Königs Ludwig I.
Zugleich bildet der Luisenstädtische Kanal das
Kernstück von Lennés Plan „Projektirte Schmuck-
und Grenzzüge von Berlin mit nächster
Umgebung".
1926/27 wird er zugeschüttet und zwischen den
alten Kanalmauern entstehen nach Plänen des
Berliner Stadtgartendirektors Erwin Barth (1880-
1933) und des örtlichen Gartenamtsleiters Hans
Martin Schmuckbecken, blühende Gärten,
Spielplätze und Promenaden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg werden einige
Abschnitte teilweise mit Trümmerschutt aufgefüllt
und darauf neue Grünanlagen errichtet. Mit dem
Bau der Berliner Mauer widerfährt dem Grünzug
etwa 30 Jahre lang ein getrenntes Schicksal: im
Verwaltungsbezirk Mitte entstehen die Grenz-
anlagen, auf der Kreuzberger Seite wird er in den
1980er Jahren im Zusammenhang von Stadtsanie-
rung und IBA-Planung umgestaltet.
Nach dem Fall der Mauer 1989 wird eine
Revitalisierung des Stadtraums und mithin des
Lenné/Barthschen Grünzugs möglich. 1991 erhält
er auf Initiative der Gartendenkmalpflege wieder
die ursprüngliche Rahmung mit Lindenreihen,
auch um die Anlage als Denkmal und Grünraum
gegen die Umwandlung in eine Verkehrstrasse zu
schützen. 1993 beginnen umfassende garten-
archäologische Grabungen in den einzelnen
Abschnitten.
Der Schifffahrtskanal 1848/52-1926
Der Luisenstädtische Kanal wurde als Not-
standsprojekt der 1848er Revolution gebaut und
am 15. Mai 1852 dem Verkehr übergeben.
Er diente vor allem für den Transport der Bau-
materialien in das neue Stadterweiterungsgebiet
und sollte den Lieferverkehr für die entstehenden
Fabrikbetriebe übernehmen. Die Obst- und
Gemüsebauern aus dem Spreewald nutzten seine
Hafenbecken als schwimmende Marktplätze.
Das Engelbecken bildete den ,Vorplatz‘ für die
vom Architekten August Soller errichtete St.
Michaelkirche (1851-61), die als zweite katholische
Kirche in Berlin vor allem als Garnisonkirche
diente und deren krönende Engelfigur dem Becken
seinen Namen gab.
Seine Bedeutung als Umschlagplatz für Bau-
materialien zum Ausbau des Köpenicker Feldes
verlor der Kanal nach der Wende vom 19. zum
20. Jahrhundert.
Mangelnde Nutzung und technische Schwierig-
keiten - das Gefälle zwischen Spree und Land-
wehrkanal war zu gering, um eine ausreichende
Durchflutung zu sichern, die Folge waren Algen-
bewuchs, Gestank und Mückenplage - gaben den
Anlass, den Kanal für die neue U-Bahnlinie
zwischen Gesundbrunnen und Neukölln aufzu-
lassen und ab 1926 mit dem Aushub des Bahnbaus
zu verfüllen.
Der Grünzug aus dem Wasser 1928-1945
Die Planung für den Grünzug wurde 1928 dem
Berliner Stadtgartendirektor Erwin Barth (1880-
1933) in Zusammenarbeit mit den Gartenbau-
ämtern der 1920 gebildeten Bezirke Mitte und
Kreuzberg übertragen.
Barth gelang es, den Lennéschen Kanal in eine
Abfolge von Schmuck-, Lehr- und Spiel-Gärten
,aufzuheben‘, indem er sie zwischen den Kanal-
mauern einen Meter über dem Niveau des
ehemaligen Wasserspiegels anlegte. An den
Wasserweg erinnerte noch das Engelbecken, jetzt
Schmuckteich, und die Brücke im Verlauf der
Waldemarstraße.
Für das Engelbecken plante Barth anfangs,
inspiriert von der Anlage des Taj Mahal, einen
,Indischen Teich‘ mit Palmen, exotischen Pflanzen
und Elefantenstatuen, der von den warmen
Abwässern der Eisfabrik in der Köpenicker Straße
gespeist werden sollte, dann ein Volksbad, das
aber am Widerstand der katholischen Öffent-
lichkeit scheiterte.
Von seinen Visionen zeugt allein noch der Indische
Brunnen im angrenzenden Rosengarten. Das
Engelbecken wurde in der an öffentlichen Frei-
flächen armen Luisenstadt ein beliebter Ort für
allerlei Freizeitvergnügen wie Eislauf, Planschen
im ,Wasserschloss‘ und Karpfenfang.
Nachkriegsentwicklung 1945 - 1989
Der im Krieg kaum beschädigte Grünzug wurde
in den 1950er Jahren teilweise mit Trümmerschutt
aus der stark zerstörten Luisenstadt aufgefüllt und
im Stil dieser Zeit umgestaltet.
Durch die Teilung der Stadt wurden die Bezirke
Kreuzberg und Mitte 1961 voneinander getrennt.
Die im Ostberliner Bezirk Mitte liegenden
Gartenabschnitte und das Engelbecken wurden
komplett verfüllt und zur Grenzbefestigung
ausgebaut. Dabei holzte man auch sämtliche
den einstigen Kanal säumenden Baumreihen ab.
Auf Westberliner Seite, zwischen Urbanhafen und
Waldemarbrücke, fristete der Grünzug ein Dasein
im Schatten der Mauer und wurde in den 1980er
Jahren im Zusammenhang mit den Planungen
der Internationalen Bauausstellung (IBA) nach
Entwürfen von Baller, Hanke und Lutz um-
gestaltet. Dabei wurden jedoch die historischen
Gestaltungsprinzipien und damit auch die
Barthsche Tieflage der Kanalgärten nicht mehr
aufgenommen.
Wiederherstellungsmaßnahmen 1991-2011
Durch eine mutige Entscheidung der Berliner
Gartendenkmalpflege konnte in enger Abstim-
mung mit dem Bezirksamt Mitte von Berlin kurz
nach der Wende mit der schrittweisen Instand-
setzung des Luisenstädtischen Kanals begonnen
werden.
Bereits 1991 wurden die Promenaden im
ehemaligen Ostberliner Teil zwischen Waldemar-
brücke und Köpenicker Straße wieder mit den
Lennéschen Lindenreihen bepflanzt, auch um die
Anlage als Denkmal und Grünraum vor der
Umwandlung in eine Verkehrstrasse zu schützen.
1993 wurde der im Bezirk Mitte liegende
Kanalabschnitt unter Denkmalschutz gestellt
und die einzelnen Gartenabschnitte nach und nach
wiederhergestellt.
Mit Mitteln und auf Veranlassung von Landes-
denkmalamt, Gartendenkmalpflege, Senats-
bauverwaltung und Bezirksamt Mitte konnte das
Engelbecken 1999/2000 freigelegt und die
umlaufenden Promenaden wiederhergestellt
werden - schon 1994 fanden Teilinstandsetzungen
an Mauern und Treppen statt.
Durch den gestiegenen Grundwasserstand füllte
sich das Becken kontinuierlich auf den idealen
Wasserstand.
Von Herbst 2005 an wurden mit Mitteln des
Städtebaulichen Denkmalschutzes die Becken-
und Umfassungsmauern saniert, der Uferweg mit
Laubengängen und Bänken wiederhergestellt,
Kanalwände mit Rank- und Kletterpflanzen be-
grünt, Böschungen mit Iris und Hecken bepflanzt
und Rasenflächen angelegt.
Nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten im Wasser-
becken, der Erneuerung der gesamten Wasser-
technik und der Neuausstattung mit 16 Fontänen
konnte am 23.05.2007 feierlich ein großer Teil
der Anlage in Betrieb genommen und der
Öffentlichkeit übergeben werden.
Der Neubau des ,Wasserschlosses‘ als Gebäude
mit gastronomischer Nutzung, öffentlicher
Dachterrasse, halbkreisförmiger Terrasse und
Überlaufbauwerk wurde 2011 abgeschlossen. Die
Gestaltung des Bauwerks und des gesamten
Nordufers erfolgte in Anlehnung an die historische
Gestaltung unter Berücksichtigung heutiger
Nutzungsanforderungen.
The Luisenstadt Canal
The Luisenstadt Canal was built through the
Köpenicker Field in the mid nineteenth century
to plans by Peter Joseph Lenné (1789-1866) as a
navigable waterway to connect the River Spree
with the Landwehrkanal. Construction defects
led to unhygienic conditions and the canal was
filled in in 1926/1927.
In 1928 work commenced on the construction of
an ornamental basin, gardens, playgrounds, and
promenades between the old canal walls to plans
by Erwin Barth (1880-1933), head of Berlin city
gardens authority, and the director of the local
parks department, Hans Martin.
After World War II some sections of the old canal
complex were filled with rubble and planted to
provide new green spaces. When the Berlin Wall
was built in 1961, the development of this "green
belt" went separate ways for the next thirty years.
In the borough of Mitte it defined the border
between East and West, and on the Kreuzberg
side gardens were laid out in the 1980s as part of
urban regeneration and the International Building
Exhibition (IBA).
When the Wall came down in 1989, urban renewal
became possible and with it the opportunity to
revitalise the Lenné-Barth green belt.
In 1993 extensive archaeological excavations began
(for further details please refer to the information
boards at the other locations).
At the initiative of Berlin Historic Gardens and
Parks Conservation Department, in 1991 rows of
linden trees were planted as in the original design,
both to protect this historic site and green space
and to prevent its redevelopment into roads.
The Engelbecken basin is a central element of the
Luisenstadt Canal complex. In 1999/2000 the fill
was removed, and from 2005 until its official
opening in May 2007 the Engelbecken was restored
in stages. The renovated "castle" on the "lake"
today houses a café.
Diese blaue Informationstafel geht zurück auf eine Idee des Landesdenkmalamts. Weitere Tafeln desselben Designs existieren im gesamten Stadtraum Berlins. Die Tafeln sind gerahmt von einem Stahlgestell, die Texte und Bilder befinden sich auf einer beschichteten Kunststoffplatte.
Die Bildunterschriften entsprechend der Einbettung im Fließtext lauten:
[1] Genehmigter Entwurf Barths von 1929 (Archiv Landesdenkmalamt Berlin, Gartendenkmalpflege) The approved design by Barth of 1929
[2] Der 1843 festgesetzte Bebauungsplan für das Köpenicker
Feld, bearbeitet von P.J. Lenné (Landesarchiv Berlin)
The official land-use plan of 1843 for the Köpenicker Field.
Worked on by P.J. Lenné
[3] Blick über das Engelbecken und Kanal Richtung
Oranienplatz um 1925 (Landesarchiv Berlin)
View of the Engelbecken and canal in the direction of
Oranienplatz, ca. 1925
[4] Zuschüttung des Luisenstädtischen Kanals 1926,
im Hintergrund Melanchthon-Kirche (Landesarchiv Berlin)
The Luisenstadt Canal is filled in, 1926; in the background
is Melanchthon church
[5] Das Wasserschloss am Engelbecken als Planschbecken 1934
(Berliner Lokalanzeiger vom 12. Juli 1934)
The castle by the Engelbecken used as a paddling pool 1934
[6] Engelbecken mit Rosengarten 1937 (Zentralblatt der
Bauverwaltung)
Engelbecken with Rose Garden 1937
[7] Wasserschloss um 1934 (Gärtnerei Fachblatt)
The Wasserschloss ca. 1934
[8] Luisenstädtischer Kanal und Engelbecken 1992 mit den
neu gesetzten Lindenreihen (Archiv Landesdenkmalamt Berlin)
Luisenstadt Canal and Engelbecken in 1992 with newly planted rows of linden trees
[9] Wasserschloss, Freilegung 1994 (Archiv Landesdenkmalamt
Berlin)
The Wasserschloss clearance work in 1994
Angaben zu genutzten Quellen, Autorenschaft und Impressum:
Impressum/Imprint
Finanzierung Tafel / Information Board funded by:
Landesdenkmalamt Berlin, Gartendenkmalpflege
Fachbehörden/Authorities
Landesdenkmalamt Berlin, Garrendenkmalpflege
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von Berlin
Bezirksamt Berlin-Mitte, Straßen- und Grünflächenamt
Idee, Konzept, Text/ Idea, Concept. Text:
Landesdenkmalamt. Gartendenkmalpflege,
Dr. K. v. Krosigk, K. Lingenauber
Bürgerverein Luisenstadt c.V., K. Duntze
Text, Bildauswahl, Redaktion, Layout/
Text, Selection of Photographs, Editing, Layout:
HORTEC Berlin
Literaturhinweis/Reference
Duntze, Klaus: Der Luisenstädtische Kanal, Berlin 2011,
Berlin Story Verlag, ISBN 13:978-3-86368-014-5


