Dynamik & Drachen (Nikolaiviertel 18)
Spreeufer 4
Kiss (1802—1865). Ebenso bemerkenswert ist die Geschichte
dieses Bildwerks:
Ein lebensgroßes Gipsmodell nahm bereits 1855 an der Pariser
Weltausstellung teil und wurde mit dem bronzenen Preis gewürdigt.
10 Jahre später war endlich die gegossene Endfassung fertiggestellt
und sollte nun auf der Londoner Weltausstellung präsentiert werden.
In der Nacht, als die Plastik aus ihrer Berliner Gießerei abtransportiert
wurde, verstarb August Kiss plötzlich. Seine Witwe vermachte das
Werk daraufhin dem preußischen König unter der Bedingung, für
eine angemessene Aufstellung zu sorgen.
Dem wurde entsprochen: St. Georg und der Drache zierten bis zur
noch heute vielfach bedauerten Sprengung des Stadtschlosses 1950
dessen Hof, danach zogen sie in den Volkspark Friedrichshain – bis
zum Aufbau des Nikolaiviertels.
Die detaillierte Darstellung des Drachen und die dynamischen Posen
verleihen der Szene große Eindringlichkeit. Sie stieß nach der Erst-
aufstellung jedoch bei fachkundigen, da selbst berittenen Berlinern
auf geteilte Gegenliebe: Manchen galt die Haltung von Pferd und
Reiter als zu unnatürlich.
Das St.-Georgsmotiv ist die klassische christliche Version des Themas
„Triumph des Guten über das Böse“. Der genaue Ursprung der
Legende ist unklar; der bekanntesten Variante zufolge war Georg ein
römischer Ritter, der sich unter Kaiser Diokletian gegen die Christen-
verfolgungen stellte und dafür den Märtyrertod erlitt. Vom Erzengel
Michael wieder auferweckt, rettete er die Stadt Silena vor einem
Drachen, der Menschenopfer verlangte. Die Stadt trat darauf zum
christlichen Glauben über. Ursprünglich ein Erzmärtyrer der Ostkirche,
machten ihn die Kreuzfahrer, deren Schutzpatron er wurde, auch
im Westen populär.
Supernatural:
August Kiss (1802—1865) was the sculptor of the expressive
St. George Memorial. The work has a remarkable historical
background: A life-size gypsum model was displayed at the
Paris world exhibition in 1855, where it won a bronze prize.
Ten years later, the cast version was finally finished and sched-
uled to be displayed at the world expo in London. However, on
the night it was to be transported from the foundry in Berlin, Kiss
suddenly died. His widow gifted the piece to the Prussian king,
on the condition that a fitting location be provided.
St. George and the Dragon originally graced the court of the
City Palace until the building was blasted in 1950 – partly due
to war damage, but also because it was a symbol of imperial
Prussia. The sculpture was relocated to Friedrichshain Park, and
remained there until the reconstruction of Nikolaiviertel.
The dragon’s highly detailed depiction and the dramatic
bearing of the figures imbue the sculpture with a captivating
dynamism. Nevertheless, the sculpture was initially received with
mixed feelings by local equestrians: they considered the posture
of horse and rider as unnatural.
The triumph of good over evil:
The St. George myth represents a Christian treatment of the
theme. The precise origin of the story remains unknown. Accord-
ing to the most popular version, George was a Roman knight
under Emperor Diocletian who rebelled against the persecution
of Christians; he suffered a martyr’s death. Resurrected by the
archangel Michael, he freed the city of Silena from a dragon
that demanded human sacrifices. The city converted to
Christianity. Originally a martyr of the Eastern Orthodox
Church, St. George was popularised in the West by the
crusaders, who honoured him as a patron saint.
Jede der 19 Gedenktafeln ist Teil des historischen Pfades, der quer durch die Berliner Altstadt des gesamten Nikolaiviertels konzipiert wurde. Mithilfe der Nummerierungen und einer Karte des Stadtviertels, die auf jeder der Tafeln unten links abgebildet ist, kann eine Stadtführung in eigenem Tempo vorgenommen werden. Die mit Bildern ausgeschmückten Informationen in deutscher und in englischer Sprache erzählen die bis ins 12. Jahrhundert zurückgehenden sowohl amüsanten als auch bestürzenden Geschichten zu den Gebäuden und berühmten Persönlichkeiten.
Die achtzehnte Gedenktafel befindet sich in Richtung der Propststraße gegenüber des Denkmals von „St. Georg – Der Drachentöter“ und neben dem Biergarten vom „Georgbraeu“. Sie erzählt die Geschichte des Denkmals, von der Gestaltung durch August Kiss, über die verschiedenen Orte der Aufstellung, bis hin zur Erklärung der christlichen Symbolik hinter dem St.-Georgsmotiv.
Die Bildunterschriften von links nach rechts lauten:
St. Georg im Berliner Schloss (um 1930)
Schloss und Heiliger nach dem Krieg (Foto G.Stappenbeck)