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Durchgangsheim Alt-Stralau

Alt-Stralau 34

Im Gedenken
an alle jungen
Menschen, die
hier Schaden
an Leib und
Seele nahmen
In diesem Gebäude befand sich von 1952
bis 1989 ein Durchgangsheim der DDR-
Jugendhilfe. Hier wurden Kinder und Jugend-
liche im Alter von 6 bis 17 Jahren eingewie-
sen, die dem Menschenbild der DDR-Diktatur
nicht entsprachen, gegen Gesetze verstoßen
haben oder Hilfe benötigten. Es war nicht
möglich, gerichtlich gegen die Einweisung
vorzugehen. Rechtsstaatliche Grundsätze
wurden dabei missachtet.
Manche Kinder und Jugendliche waren nur
einen oder wenige Tage im Durchgangsheim,
manche auch mehrere Monate. Danach
wurden sie in Normalheime, Spezialkinder-
heime oder Jugendwerkhöfe überführt oder
sie kamen zurück zu ihren Eltern.
Mit seinen Sicherungseinrichtungen glich das
Gebäude einem Gefängnis. Die Kinder und
Jugendlichen hatten keinen Kontakt zu ihren
Familien. Sie durften nicht zur Schule gehen
und erhielten im Heim nur eingeschränkten
Unterricht. Jugendliche ab 14 Jahren wurden
zur Arbeit gezwungen, u.a. in Berliner
Fleisch-, Süßwaren- und Kosmetikfabriken.
Die Erziehung war auf Einschüchterung und
Unterordnung ausgerichtet. Es herrschte
militärischer Drill. Fluchtversuche, Arbeits-
verweigerung und „Renitenz” wurden mit
Arrest in 4,5 m² großen Arrestzellen bestraft.
Dort gab es einen Hocker, einen Eimer als
Toilette und nachts eine Matratze. All dies
war in den staatlichen Vorgaben so vor-
gesehen und verletzte Menschenrechte.
Nicht erlaubt, aber durchaus üblich, waren
Essensentzug als „Erziehungsmaßnahme”
und Kinderarbeit. Die Insassinnen und In-
sassen waren gewalttätigen und sexuellen
Übergriffen und der Willkür von Erziehe-
rinnen und Erziehern ausgesetzt. Mobbing
und Hackordnung unter den Kindern und
Jugendlichen wurden toleriert.
Mit der Friedlichen Revolution 1989 wurde
dieser menschenunwürdige Umgang mit
Kindern und Jugendlichen an diesem Ort
beendet.

Die Aluminiumstele zeigt einen Ausschnitt aus einer ehemaligen Zelle mit einem vergitterten Fenster im oberen Teil. Links neben diesem steht die Überschrift, der Haupttext darunter. Die über zwei Meter hohe Stele steht vor der linken Hausecke mit dem Text zum Bürgersteig neben dem Eingang der heutigen Thalia-Grundschule. Sie wurde am 28.4.2016 enthüllt. Zur Einweihung sprachen (lt. Pressemitteilung des Bezirks) Wolfgang Kirschstein (Schulleiter der Thalia-Grundschule), Kirstin Fussan (Leiterin der Abteilung Jugend und Familie, Landesjugendamt in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft), Rainer Buchwald (stv. Bundesvorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V.), Anna von Arnim-Rosenthal (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur), Martin Gutzeit (Berliner Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen), Detlef Krenz (Redaktionsgruppe für den Text), Doris Nithammer (Bürgerforum Stralau) und Jana Borkamp (Stadträtin für Finanzen, Facility Management, Kultur und Weiterbildung). Errichtet wurde die Stele vom Bezirk mit finanzieller Förderung durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und den Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Gestaltet wurde sie von Helga Lieser.
 

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