Der Rote Stoßtrupp
Burgstraße 28
Hier in der Burgstraße 28–30 stand das Bürohaus
Börse. Dort befand sich 1933 ein geheimer Druckort
der linkssozialistischen Widerstandsgruppe Der
Rote Stoßtrupp.
Bereits nach Absetzung der demokratischen Regie-
rung des Freistaates Preußen am 20. Juli 1932 ent-
schloss sich der Sozialdemokrat Rudolf Küstermeier
zum Aufbau eines reichsweiten Netzwerks gegen
den Nationalsozialismus.
Im April 1933 erschien die Erstausgabe der Zeitung
Der Rote Stoßtrupp. Mit stetig steigender Auflage
erreichte sie erst einige Hundert, im November
1933 mehrere Tausend Leser. Der Rote Stoßtrupp
gelangte per Kurier und Post in Berliner Bezirke, in
andere Regionen und ins angrenzende Ausland. Jede
Woche berichteten die Zeitungsmacher – überwie-
gend junge Sozialdemokraten – kritisch über die aus
ihrer Sicht unzureichenden Aktivitäten der illegalen
Arbeiterparteien SPD und KPD sowie aus den ab
Mai 1933 verbotenen Gewerkschaften. Es wurden
Informationen über Korruption und Gewalt im NS-
Staat verbreitet und mit jeder neuen Ausgabe zum
Widerstand aufgerufen.
Ende 1933 gelang der Gestapo ein schwerer Schlag
gegen den Roten Stoßtrupp: In Berlin und in anderen
Städten wurden über 100 der zeitweise rund 500
Mitglieder festgenommen, verhört und teilweise
gefoltert. Über 60 Personen wurden bis 1935 in
sechs Prozessen zu teils hohen Gefängnis- und
Zuchthausstrafen verurteilt.
Trotzdem konnte die Widerstandsarbeit im In- und
Ausland fortgesetzt werden. In Berlin übernahm
Kurt Megelin ab 1934 die Leitung der Organisation.
Durch Geldsammlungen wurden Gefangene und
deren Familien unterstützt. Bis 1936 erschienen in
unregelmäßigen Abständen weitere Zeitungen und
Flugblätter. Zudem gelang es der Gruppe, Gegner des
NS-Regimes vor ihrer Verhaftung zu warnen und zu
verstecken. Verbindungen bestanden zu Kommu-
nisten, zum Kreisauer Kreis und zu anderen Wider-
standsgruppen. Aus dem Jahr 1944 stammen letzte
Zeugnisse von Aktivitäten des Roten Stoßtrupps.
The Red Shock Troop
At Burgstrasse 28–30, in the stock exchange office
building next to this commemorative panel, a secret
printing unit was operated in 1933 by the left-wing
socialist resistance group The Red Shock Troop.
Soon after the democratic government of the free
state of Prussia was deposed on 20 July 1932, the
social democrat Rudolf Küstermeier set out to form
a nationwide network against National Socialism.
The first edition of the newspaper Der Rote Stoss-
trupp (The Red Shock Troop) appeared in April 1933.
As the circulation constantly grew, it was sent by
courier and postal service to the districts of Berlin,
to other German regions, and to neighbouring coun-
tries. Each week the newspaper editors, mostly
young social democrats, wrote critical reports about
the – in their opinion – insufficient activities of the
outlawed social democratic and communist labour
parties as well as about the trade unions, which were
banned in May 1933. It published information about
corruption and violence in the Nazi state and repea-
ted the call for resistance in every new issue.
At the end of 1933, the Gestapo struck a severe blow
against the Red Shock Troop: in Berlin and other
cities more than 100 of the at times around 500
members were arrested, interrogated, and in some
cases tortured. By 1935, more than 60 persons had
been convicted in six trials, many receiving heavy
prison sentences. Nevertheless, the resistance was
carried on in Germany and neighbouring countries.
In 1934, Kurt Megelin assumed the leadership of the
movement in Berlin. Money was collected to support
the prisoners and their families. Further newspapers
and flyers appeared intermittently until 1936. The
members also succeeded in warning and hiding
opponents of the Nazi regime. They maintained
contact with communists, the Kreisauer Kreis (Krei-
sau Circle), and other resistance movements.
Evidence of activities of the Red Shock Troop was
last noted in 1944.
Die Historische Informationstafel der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt für die Widerstandsgruppe Roter Stoßtrupp wurde am 9. Oktober 2024 feierlich in Anwesenheit von zahlreichen Gästen eingeweiht.
Grußworte kamen von Nora Hogrefe, Leiterin der Koordinierungsstelle Historische Stadtmarkierungen im Verein Aktives Museum, auch im Namen von Nathan Friedenberg, Leiter Mitte Museum und Sachgebietsleiter Erinnerungskultur und Geschichte im Bezirk Mitte von Berlin, der aus Krankheitsgründen nicht anwesend war. Die Laudatio hielt Dennis Egginger-Gonzalez, Politikwissenschaftler und Initiator der Stele. Die Gestaltung der Tafel übernahm die Graphikerin und Designerin Helga Lieser, den deutschen Tafeltext übersetzte Stephen Locke ins Englische.
Die Bildunterschriften in deutscher und englischer Sprache v.o.n.u. lauten:
Das Bürohaus Börse auf einer Ansichtskarte aus dem Jahr 1913.
Privatarchiv
The stock exchange office building on a postcard from 1913.
Private Archive
Rudolf Küstermeier (1903–1977), der Gründer des Roten
Stoßtrupps, ca. 1950.
Privatarchiv Sonja Lisa Zink, Tel Aviv
Rudolf Küstermeier (1903–1977), founder of The Red Shock
Troop, c. 1950.
Private Archive Sonja Lisa Zink, Tel Aviv
Kurt Megelin (1904–1979) übernahm ab 1934 die Leitung
der Widerstandsgruppe.
Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Kurt Megelin (1904–1979) assumed the leadership of the
resistance group from 1934.
Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Zeitungen berichteten 1934 über das Justizverfahren gegen
Anführer des Roten Stoßtrupps vor dem Volksgerichtshof.
Privatarchiv
In 1934, newspapers reported on the legal proceedings against
leaders of The Red Shock Troop before the People's Court.
Private Archive
Titelseite Der Rote Stoßtrupp Nr. 15 vom 28. Juli 1933.
Bibliothek des Bundesarchivs, T Z F 7094
Cover of Der Rote Stoßtrupp (The Red Shock Troop) No. 15,
28 July 1933.
Library of the Federal Archives, TZF 7094