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Das Kaufhaus Israel, ein Opfer der Nazis (Nikolaiviertel 2)

Das Kaufhaus Israel, ein Opfer der Nazis (Nikolaiviertel 2)

Am Nußbaum 1

1815 gründete Nathan Israel in der Jüdenstraße ein kleines Kurz-
warengeschäft. 1831 konnte er schon ein dreigeschossiges Bürger-
haus in der Spandauer Straße beziehen, aus dem nach und nach
das Kaufhaus Israel wurde.
1899–1902 ließ sein Enkel Berthold die inzwischen sieben Häuser
durch einen modernen und imposanten Stahlskelettbau ersetzen. Der
letzte Anbau erfolgte 1927 durch Heinrich Straumer, den Architekten
des Berliner Funkturms. Das Kaufhaus schloss nun auf sechs Etagen
drei große Innenhöfe ein, hatte rund 2.000 Mitarbeiter und umfasste
etwa ein Sechstel des gesamten Viertels. Antisemitismus und Krieg
brachten den Untergang und die Zerstörung.
Nah der Ecke Rathausstraße stand das Haus des Geheimrats Paul
von Fuchs (1640 bis 1703), der 1685 das berühmte Edikt von
Potsdam verfasste. Der Große Kurfürst gestattete hiermit Zehntausen-
den der in ihrer französischen Heimat blutig verfolgten Hugenotten
die Ansiedlung in Brandenburg-Preußen.
So stellte er einerseits die bekannte preußische Toleranz eindrucks-
voll unter Beweis, andererseits auch sein vorteilsorientiertes Denken:
Zu Recht nahm er an, dass die fleißigen und kultivierten Hugenotten
das nach dem Dreißigjährigen Krieg nur noch dünn besiedelte Land
zu neuem Fortschritt und Wohlstand bringen würden. Heute noch
zeugen viele französische Lehnwörter vom dauerhaften Erfolg ihrer
Bemühungen: Toilette, Portemonnaie – und die schönen Branden-
burger Chausseen.
In einer Verkehrung dieses offenen Denkens vernichteten die Nazis,
trotz ihrer Inanspruchnahme Preußens als Vorbild, blühendes Leben:
Als eines der letzten jüdischen Kaufhäuser wurde das bis zuletzt
florierende Kaufhaus Israel 1939 zwangs"arisiert".
1933 hatte sich Berthold Israel geweigert, seine meist jüdische
Belegschaft zu entlassen und Bedrohungen durch die Nazis getrotzt.
Nach seinem Tod 1935 hielten seine Söhne weiter stand.
Wilfried Israel gelang es erstaunlicherweise, seine in der Pogrom-
nacht 1938 verschleppten Angestellten aus dem KZ Sachsenhausen
ins Exil freizukaufen. Er selbst, ab 1939 in der Emigration, half weiter-
hin aus Deutschland flüchtenden Juden und wurde 1943 über der
Biskaya abgeschossen. Es heißt, die deutsche Spionage hätte
Winston Churchill in der Maschine vermutet.


Growth and annihilation: In 1815 Nathan Israel founded a
small haberdashery shop, which was relocated in 1831 to
a three-sto a three-story building on Spandauer Strasse. Later the family
business occupied seven buildings. Between 1899 and 1902,
his grandson Berthold replaced them with an impressive steel-
skeleton construction. Additional renovations were later com-
pleted by Heinrich Straumer, the architect of the Funkturm,
Berlin’s famous radio tower. The department store was six
stories tall then and covered one-sixth of the quarter’s total
area. The store’s demise was brought about by anti-Semitism
and war, leaving a shameful gap in the heart of the city.
Tolerance and barbarism:
The house of Privy Council Paul von Fuchs (1640—1703),
author of the famous Edict of Potsdam from 1685, was
located near the corner of Rathausstrasse. Under the edict,
Prince-Elector Friedrich Wilhelm granted Huguenots who
had been bloodily prosecuted in France the right to settle in
Brandenburg-Preußen. He thus demonstrated the Prussian
traits of tolerance and practical thinking: The industrious and
cultured Huguenots brought wealth and progress to the region,
which was thinly populated in the wake of the Thirty Years’
War. Today the persistence of many French loanwords in
German are a testament to the success of the edict, including
toilette (toilet), portemonnaie (wallet), and Chausseen (causeways).
In a pe In a perversion of this Prussian tolerance, the Nazis, despite
their claim to the Prussian tradition, aimed to persecute and
destroy: One of the last surviving Jewish department stores,
the Israel, which prospered to its very end, was forcedly
‘Aryanized’ in 1939. Six years earlier, in 1933, Berthold
Israel had refused to fire his mainly Jewish staff. After his
death in 1935, his sons continued to resist Nazi threats.
Astonishingly, Wilfried Israel managed to secure the return
of his employees, who were abducted on the Night of Broken
Glass in 1938, from the concentration camp in Sachsenhausen.
He finally left Germany in 1939, but continued to assist
fleeing Jews. His plane was shot down above the Bay
of Biscay in 1943 by the Germans, who thought
Winston Churchill was onboard.

Jede der 19 Gedenktafeln ist Teil des historischen Pfades, der quer durch die Berliner Altstadt des gesamten Nikolaiviertels konzipiert wurde. Mithilfe der Nummerierungen und einer Karte des Stadtviertels, die auf jeder der Tafeln unten links abgebildet ist, kann eine Stadtführung in eigenem Tempo vorgenommen werden. Die mit Bildern ausgeschmückten Informationen in deutscher und in englischer Sprache erzählen die bis ins 12. Jahrhundert zurückgehenden sowohl amüsanten als auch bestürzenden Geschichten zu den Gebäuden und berühmten Persönlichkeiten.

Folgt man dem Pfad und läuft von der Spandauerstraße in Am Nußbaum, findet sich die zweite Gedenktafel zur linken Seite und rechts von zwei kleinen Geschäften an der Außenwand angebracht. Auf der Tafel wird an das durch die Nationalsozialisten „arisierte“ und später im Krieg zerstörte jüdische „Kaufhaus Israel“ erinnert.

Die Bildunterschriften von links nach rechts lauten:

Kaufhaus Israel (um 1925)

Volksverhetzung (am 1. April 1933)

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