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Yehudi-Menuhin-Park

Wiesenschlag

Yehudi-Menuhin-Park
Rittergut, Lagerstandort, Gartenstadt – mit seiner bewegten Geschichte
der vergangenen 100 Jahre spiegelt das Gebiet um den heutigen
Yehudi-Menuhin-Park die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts
wider. Ursprünglich gehörte das Areal zum Rittergut Düppel. 1928
wurde es in die 1920 gebildete Stadtgemeinde Berlin eingegliedert.
Wehrmachtsquartier und Kriegsgefangenenlager
Die erste flächendeckende Bebauung des Gebietes erfolgte im
Zweiten Weltkrieg. Ab 1941 entstand ein großer Barackenkomplex,
der angesichts der zunehmenden Bombardierung deutscher Innen-
städte als Ausweichquartier für das Oberkommando des Heeres
(OKH) gedacht war. Die Bürobaracken wurden auch vom Allgemeinen
Heeresamt (AHA) genutzt. Offiziere des AHA wie General Olbricht
(Chef des AHA) und Graf von Stauffenberg (Stabschef) gehörten zum
Kreis des Widerstands des 20. Juli 1944. Im Vorfeld des Attentats
auf Hitler fanden auch in Düppel konspirative Treffen statt.
In direkter Nachbarschaft wurden 18 Baracken für das Kriegs-
gefangenenlager Wiesengrund gebaut. Der Name des Lagers ging
auf ein Ausflugslokal am Königsweg zurück. Interniert waren in erster
Linie Kriegsgefangene aus Westeuropa, die unter anderem zur
Beseitigung von Bombenschäden eingesetzt wurden. Es war Teil des
Stammlagers III D in Lichterfelde.
DP-Lager für jüdische Überlebende des Holocausts
Nach dem Krieg übernahm die US-Armee den bei einem Bomben-
angriff schwer beschädigten Barackenkomplex des OKH und richtete
in den verbliebenen Gebäuden ein Durchgangslager für jüdische
Überlebende des Holocausts ein, die, im Wesentlichen bedingt durch
antisemitische Ausschreitungen in Osteuropa, in Berlin Zuflucht
suchten. Das „Düppel Center" war mit zeitweise mehr als 5.000
Geflüchteten das größte von drei DP-Lagern (Camps for Displaced
Persons) in Berlin und entwickelte sich rasch zu einer selbstverwalteten
„jüdischen Stadt". Im Oktober 1947 besuchte der weltberühmte Geiger
Yehudi Menuhin das Camp, der zuvor mehrere Konzerte in Berlin
gegeben hatte. Der Name des Parks erinnert heute an diesen Besuch
und das Bemühen Menuhins, den demokratischen Neuanfang in
Deutschland zu unterstützen.
Unter dem Druck der sowjetischen Blockade Berlins lösten die
Amerikaner das Camp 1948 auf. Die Bewohner wurden nach
Westdeutschland ausgeflogen. Danach bezogen geflüchtete Bürger
aus der DDR die Gebäude.
Die Entwicklung nach 1970
Nach dem Abriss der Baracken war eine Siedlung für 2.500 Woh-
nungen geplant. Aufgrund massiver Proteste gegen die Errichtung
einer großangelegten Wohnstadt wurde in den 1980er Jahren die
urbane Siedlung „Gartenstadt Düppel" gebaut.
Nördlich der Potsdamer Chaussee, wo sich im Zweiten Weltkrieg mit
dem Lager der Organisation Todt in der Wasgenstraße und dem
Lager der Generalbauinspektion in der Tewsstraße zwei weitere
Zwangsarbeiterlager befanden, entstand ab 1957 das Studentendorf
Schlachtensee. Der erste deutsche Studentencampus wurde aus
Mitteln des Re-Education-Programms der US-Regierung finanziert,
das die Vermittlung demokratischer Grundwerte im Nachkriegs-
deutschland förderte.
Wolfgang Eilerbrock

Auf der rechten Seite der Stele befinden sich vier Fotos / Abbildungen. Deren Unterschriften lauten (v.o.n.u.):
Rittergut Düppel, 1930

Eingang zum Küchengebäude des
DP-Lagers, um 1947

Yehudi Menuhin und Wilhelm
Furtwängler proben für das zweite
Konzert im Titania-Palast, 29.9.1947

Frühe Entwurfsskizze der
Gartenstadt Düppel

Eingeweiht wurde die gut 2m hohe Stele am 27.7.2022 neben einem Kinderspielplatz am Rande des Parks unweit der als Fuß- und Radweg verlängerten Straße Wiesenschlag. Konzeption und Gestaltung lagen in den Händen von Karin Rosenberg.

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