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Waldsiedlung Krumme Lanke

Argentinische Allee

Von der SS-Kameradschaftssiedlung
zur Waldsiedlung Krumme Lanke
Die „WaldsiedIung Krumme Lanke” gilt nicht zuletzt aufgrund ihrer
exponierten Lage als ein hochattraktiver Wohnort am Rande der
Millionenstadt Berlin. Zwischen dem Quermatenweg im Nordwesten
und der Argentinischen Allee im Südosten gelegen, offenbart sie in der
Synthese aus soliden Siedlungsbauten und kultiviertem Naturraum
weder ihre ursprüngliche Nutzungsbestimmung noch ihre Bauzeit. Die
friedvolle Atmosphäre, welche die in den Landschaftsraum eingebettete
Siedlung dem unbefangenen Betrachter heute vermittelt, macht es
schwer, sich ihre Geschichte in Erinnerung zu rufen. Diese ist untrennbar
mit den politisch-ideologischen Bedingungen ihrer Entstehungszeit im
Nationalsozialismus verwoben.

Eine geplante Eigenheimsiedlung wird zum SS-Modellprojekt
Die SS-Führung fasste Anfang 1937 den Plan, hier in räumlicher Nähe
zur Krummen Lanke für die Angehörigen der in Berlin ansässigen SS-
Hauptämter eine „geschlossene Siedlungsanlage” zu schaffen. Seitens
der Gagfah, die das Gelände 1935 erworben hatte, lag zu diesem
Zeitpunkt bereits ein mit dem Bezirk abgestimmtes Bebauungskonzept
vor. Es beinhaltete die Errichtung preiswerter Eigenheime auf gleichförmig
geschnittenen Einzelparzellen. Auf Intervention des Siedlungsamtes
beim SS-Rasse- und Siedlungshauptamt kam es dann aber zu einer
grundlegenden Neuplanung der Gagfah. Ziel der SS war es, den
Gedanken von „Blut und Boden” durch die „Sesshaftmachung wertvoller
SS-Familien” sowie die Ideologie der elitären Gemeinschaft architektonisch
zu verwirklichen. Schon Mitte Februar 1937 konnte die neue Planung
der SS vorgestellt werden. Maßgeblicher Entwurfsverfasser war der
damalige technische Direktor der Gagfah, Hans Gerlach. Für die spätere
Gestaltung des Landschaftsraumes zeichnete der Gartenarchitekt Ernst
Somborn verantwortlich.
Die Grundsatzentscheidung für den vorgelegten Bebauungsvorschlag
der „Kameradschaftssiedlung” fiel im Frühsommer 1937 durch den
nationalsozialistischen Berliner Oberbürgermeister und Stadtpräsidenten
Julius Lippert. Noch vor Ende des Jahres war mit den vorbereitenden
Baumaßnahmen zur Errichtung der Siedlung begonnen worden. Ihre
bauliche Realisierung erfolgte dann im Wesentlichen zwischen 1938
und Anfang 1940 als erste von geplanten weiteren, aber nicht
verwirklichten „SS-Kameradschaftssiedlungen in der Reichshauptstadt”.
Zentrale Planungselemente, die die SS-ldeologie baulich umsetzen
sollten, wurden jedoch nicht verwirklicht. So die auf der nordwestlichen
Seite des heutigen Zwingenberger Wegs vorgesehenen Gemeinschafts-
anlagen, wie ein Kinderhort für 200 Kinder, ein Mannschaftshaus für
Studenten, ein sogenanntes Kameradschaftshaus, sowie ein Kasino
und eine Festhalle. Ihr Bau scheiterte an der Finanzierung, da die SS,
die nicht als Bauherr der Siedlung fungierte, sondern lediglich als Nutzer,
dafür keine Mittel bereitstellen wollte.

Vom SS-Modell zur Gartenstadt
Damit fehlte der Siedlung die den Korpsgeist der elitären „Kameradschaft”
kennzeichnende architektonische Mitte.
Allein an den in Größe und
Ausstattung unterschiedlich gestalteten Wohneinheiten war die die SS-
Gliederungen bestimmende Hierarchie der Dienstgrade ihrer Bewohner-
schaft ablesbar und somit ihre besondere Zweckbestimmung. Ansonsten
bezog sich die Siedlung in ihrem räumlichen Charakter auf die
konservative Ideenwelt der deutschen Gartenstadt, während sich der
Hausbau an den traditionalistischen Architekturmustern der „Stuttgarter
Schule” orientierte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auf Grund der Magistratsverordnung
vom 18. Juni 1945 und dem Alliierten Kontrollratsgesetz Nr. 18 vom 8. März
1946 die verlassenen Häuser der Siedlung bevorzugt Verfolgten,
Widerstandskämpfern und -kämpferinnen sowie Flüchtlingen als
Wohnraum zur Verfügung gestellt.
Aufgrund des historischen Zeugniswertes hat das Land Berlin die
Siedlung im Jahre 1992 unter Denkmalschutz gestellt.
Wolfgang Schäche

Auf der rechten Seite der roten Stele befinden sich sieben Abbildungen. Diese zeigen von oben nach unten: Ein Foto aus der Siedlung kurz nach deren Fertigstellung um 1940; das ursprüngliche Bebauungskonzept von 1936; ein Foto des Siedlungsmodells nach Gerlachs Plänen 1937; ein Foto eines Einzelhauses um 1940; ein Foto einer Reihenhauszeile nach Fertigstellung um 1940; eine Entwurfsskizze für Gemeinschaftsgebäude und ein Foto einer Reihenhauszeile und eines Einzelhauses um 1940. Ganz unten findet wie auf allen bisherigen Erinnerungsstelen die Signets des Kulturamts Steglitz-Zehlendorf sowie der Aktion "Erinnern für die Zukunft" des Bezirks. Die Konzeption und Gestaltung der Stele lag bei Karin Rosenberg.

Die Einweihung fand am 18.12.2009 in Anwesenheit von Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski und des Architekturhistorikers Wolfgang Schäche statt. Die Gedenktafel befindet sich in der Argentinischen Allee Ecke Teschener Weg.

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