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Telefunken-Werk

Platz des 4. Juli

Das Telefunken-Werk
Von 1939 bis 1945 befand sich hier, nördlich der Goerzallee, der
Hauptsitz des Elektrounternehmens Telefunken. Die Firma wurde
1903 als “Gesellschaft für drahtlose Telegrafie m.b.H.” von Siemens
und der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) gegründet. Die
beiden Elektrokonzerne legten darin ihre Entwicklungsabteilungen
im Bereich drahtloser Nachrichtentechnik zusammen.
Ein zentraler Standort
Die Errichtung einer neuen Unternehmenszentrale mit der Haupt-
verwaltung und allen Forschungsabteilungen von Telefunken wurde
maßgeblich durch die Wehrmacht, Reichsbehörden wie das Rüstungs-
ministerium und die NS-Sonderbehörde des Generalbauinspekteurs
für die Reichshauptstadt veranlasst und unterstützt.
Seit 1936 plante Telefunken, die bis dahin überwiegend in Kreuzberg
gelegenen Unternehmensteile an einem Standort zusammenzuführen.
1937 entschied sich das Unternehmen wegen der Größe und der
günstigen Rahmenbedingungen für ein circa 240.000 Quadratmeter
umfassendes Grundstück an der Goerzallee in Lichterfelde-Süd. Der
Bezirk verzichtete damit auf eine Erweiterung des Parkfriedhofs. Die
Stadt Berlin sagte die Einrichtung von Verkehrsverbindungen zu.
Außerdem wurde ein Stück des “Vierten Rings” gebaut, der Teil eines
großen Ringstraßensystems werden sollte. Eine bedeutende
Unterstützung leistete die Wehrmacht mit einem Hypotheken-Darlehen,
das ein Drittel der Baukosten un Höhe von etwa 30 Millionen RM
finanzierte. Bezugsfertig wurde der Bau erst 1939.
In dem neuen Werk des Siemens-Architekten Hans C. Hertlein wurden
38.000 qm für Büros der Hauptverwaltung sowie der Forschungs-
und Entwicklungsabteilungen, knapp 22.000 qm für Werkstätten und
etwa 15.000 qm als Warenlager genutzt. Bis zu 6.000 deutsche
Beschäftigte sollten in dem Gebäudekomplex tätig sein. Während
des Zweiten Weltkrieges stieg die Zahl der Beschäftigten auf zeitweise
über 10.000 Menschen an.
Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit
Im Zweiten Weltkrieg wurde hauptsächlich für Rüstungszwecke
gearbeitet: Telefunken entwickelte elektrotechnische Geräte für Heer,
Luftwaffe und Marine. Darunter waren Funk- und Navigationsgeräte,
Radaranlagen sowie Nachrichtensender. 1942 entstand südlich der
Goerzallee außerdem ein Gerätewerk.
Zwischen dem Gerätewerk und dem Teltowkanal wurde ab 1942 ein
Unterkunftslager errichtet. Vorgesehen waren 16 Holzbaracken für
1.200 Personen. Anfang 1943 waren elf Baracken fertiggestellt. Bau
und Ausstattung übernahmen Berliner Handwerksfirmen, außerdem
wurden französische Kriegsgefangene eingesetzt. In den Baracken
lebten etwa 600 junge Franzosen, die im Gerätewerk in Zehn-Stunden-
Schichten für die Rüstungsproduktion arbeiten mussten. In der
Lagerküche arbeiteten polnische Zwangsarbeiterinnen.
Ein Großteil des Barackenlagers wurde Ende August 1943 bei einem
alliierten Luftangriff auf das Telefunken-Werk zerstört. Durch häufige
Bombardierungen waren Firmenangaben zufolge im Frühjahr 1944
etwa 40.00 Quadratmeter, die Hälfte der Werksfläche, nicht mehr
nutzbar. Bereits seit dem Sommer 1943 begann Telefunken
rüstungswichtige Abteilungen in als sicherer geltende Regionen in
Brandenburg, Thüringen, Böhmen und Schlesien zu verlagern.
Thomas Irmer

Rechts neben dem Text befinden sich übereinander fünf Abbildungen mit folgenden Unterschriften (v.o.n.u.):
Werbe-Ansichtskarte für das
Telefunken-Gebäude, um 1940

Telefunken-Hauptgebäude mit Platz,
um 1940

NS-Beflaggung von Telefunken,
um 1940

Schreibbüros bei Telefunken,
im 1940

Zeichnung der Verwaltung: Unterhalb
von “Gerätewerk F” ist das Lager
für französische Zwangsarbeiter. Mit
“Lagerbaracken” sind Materiallager
gemeint. Anfang 1943

Die Tafel steht am Rande des Platzes des 4. Juli unweit der Goerzallee. Sie bildet eine Einheit mit der Tafel für den Platz. Der Tafeltext zum Telefunken-Werk ist mit der Goerzallee im Rücken zu lesen. Konzeption und Gestaltung beider Seiten lagen bei Karin Rosenberg. Enthüllt wurde die Stele am 16.10.2017.
 

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