zurück zur Suche
[Tafel entfernt]

Ermordete Spandauer Antifaschistinnen und Antifaschisten

Am Juliusturm 64

GEDENKTAFEL
DEN GEMORDETEN SPANDAUER ANTIFASCHISTEN
Robert Pieser
Georg Brechlin
Ferdinand Grothe
Erich Meier
Alfred Arendt
Georg Schröder
Fritz Rolle
Richard Glow

Dr. Philipp Schäffer
Emil Wölk
Alfred Griese
Erwin Rührmund
Werner Behrendt
Felix Milkert
Arthur Giesicke
Karl Pankrath

Diese „verwitterte Gedenktafel aus der Nachkriegszeit (1945/46)" befand sich zumindest in den 1980er-Jahren „in einer Ausstellung des Heimatmuseums" (Hans-Rainer Sandvoß, Widerstand in Spandau, Berlin 1988, S. 7). Ursprünglich soll sie sich im Rathaus Spandau befunden haben (vgl.: https://www.gruene-spandau.de/kreisverband/bvv-bericht-vom-28-november-2012/, zuletzt abgerufen am 10.10.2022). Die Namen sind in zwei Spalten aufgeführt, beginnend mit Pieser und Schäfer. 

Eine weitere, den aufgeführten Namen nach umfangreichere Gedenktafel - nur Erwin Rührmund ist nicht mehr aufgeführt - befand sich nach der Abtrennung des Ortsteils im Winter 1951 an einem heute unbekannten Ort in (West-)Staaken (damals DDR). Ihre Inschrift lautete nach einer fotografischen Wiedergabe:

Sie gaben ihr Leben
für Frieden, Einheit und Demokratie
Robert Pieser         ermordet 1919
Felix Milkert                   "       1919
Ferdinand Grothe          "       1932
Richard Glow                 "       1932
Artur Giesicke                "       1932
Georg Brechlin               "       1932
Alfred Griese                  "       1932
Fritz Rolle                       "       1933
Erich Meier                     "       1933
Werner Behrendt           "       1938
Nansen                          "       1938
Siegfried Wolfberg           "       1940
Marta Wolfberg              "       1940

Julius Wolfberg        ermordet 1942
Fam. Hannes                  "       1942
Dr. Philipp Schäfer          "       1943
Walter Schön                  "       1944
Emil Wölk                        "       1944
Alfred Arendt                  "       1944
Georg Schröder              "       1944
Karl Pankrath                 "       1945
Joseph Dobis                  "       1945
Fischer                            "       1945
Augenstin                       "       1945
Senz                               "       1945     
Den Toten zum Gedächtnis, den Lebenden zur Mahnung!

Hier werden die beiden Reihen begonnen mit Robert Pieser und Julius Wolfberg.

Soweit ermittelt folgen weitere Angaben zu den aufgeführten Personen.

Robert Pieser, Berlin ca.1890 - Spandau 10.1.1919, Gründungsmitglied der KPD und deren 2. Vorsitzender in Spandau, erschossen nach dem Sturm von Regierungstruppen auf das Spandauer Rathaus; Felix Milkert, Gatow 14.1.1894 - Tegel 17.1.1919, Gründungsmitglied der KPD und deren Vorsitzender in Spandau, erschossen nach Gefangennahme durch Regierungstruppen im Rathaus Spandau am 10.1.1919 auf dem Transport nach Tegel (vgl.: www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=4889 und www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=4788, jeweils zuletzt abgerufen am 10.10.2022).

Ferdinand Grothe und Georg Brechlin (beide KPD), wurden in der Nacht 13./14.7.1932 in Siemensstadt von SA-Leuten erschossen. (Johannes Fülberth, Die Toten der Arbeiterbewegung in Berlin von 1929 bis zum 30. Januar 1933, in: Rundbrief 1/11 AG Rechtsextremismus/Antifaschismus beim Bundesvorstand der Partei DIE LINKE, S. 51; Sandvoß, aaO., S. 47).

Richard Glow und Artur Giesicke wurden zusammen mit einem dritten, namentlich nicht bekannten Mann, am 20. oder 21.2.1933 in der Potsdamer Straße (Carl-Schurz-Straße) von SA-Leuten niedergeschossen und erlagen ihren Verletzungen. Das meldete die „Spandauer Zeitung" unter der Überschrift „Wieder politische Schießereien" am 22.2.1933. (Sandvoß, aaO., S. 47).

Fritz Rolle wurde Ende März 1933 von SA-Angehörigen ermordet. (Sandvoß, aaO., S. 7),  Erich Meier s.d.

Der „Jungkommunist" Werner Behrendt „erlag im Exil den Folgen der Mißhandlungen durch die SA". (Sandvoß, aaO., S. 49, 181).

Siegfried Wolfberg: Stolp 6.10.1865 - Theresienstadt 21.2.1944; deportiert am 17.3.1943.

Martha Wolfberg; Berlin 12.7.1893 - deportiert nach Auschwitz 14.12.1942.

Julius Wolfberg: Berlin 26.11.1907 - deportiert ab Potsdam nach Ghetto Warschau 14.4.2.1942. Mart(h)a und Siegfrieds letzte Anschrift lautet Schönwalder Straße 10. Unter dieser Anschrift wird - abweichend von der Tafel - noch aufgeführt Alexander Wolfberg, Berlin 12.4.1922 - deportiert nach Auschwitz 4.3.1943.

Familie Hannes: Arthur und Elsa Hannes (Fraustadt/Posen 2.6.1883 / Bentschen/Posen 30.8.1887, beide deportiert am 19.1.1942 ins Ghetto Riga), zuletzt wohnhaft Schönwalder Straße 13/14 (zu Wolfberg und Hannes vgl. auch Gedenkbuch des Bundesarchivs).

Bei Dr. Philipp Schäf(f)er handelt es sich um Dr. Philipp Schaeffer (s.d.).

Walter Schön: „Als es nach dem Kriegsausbruch in den Deutschen Industriewerken zu oppositionell-kritischen Äußerungen kam, geriet Schön sofort in Verdacht und wurde am 5. Dezember 1939 verhaftet. Auch unter der Folter war er nicht bereit, Namen zu nennen. Da die Verdachtsmomente gegen ihn für ein gerichtsverfahren nicht ausreichten, kam er zur ‘Besserung’ in Schutzhaft." Er verlor sein Leben im KZ Sachsenhausen (Sandvoß, aaO., S. 71).

Emil Wölk (Zinten/Ostpr. 25.10.1903 - Brandenburg-Goerden 13.11.1944), 1920 KPD, Betriebsingenieur, Motorenschlosser, Betriebsrat, Leiter illegale KPD-Zelle bei SUM-Vergaser AG, wg. Vorb. z. Hochverrat am 20.9.1944 zum Tode verurteilt.

Alfred Arendt, 11.4.1917, KJVD- und KPD-Mitglied, von SS am 11.10.1944 im KZ Sachsenhausen erschossen (s.a. Sandvoß, aaO., S. 181).

Georg Schröder (Schroeder) (Berlin 10.11.1904 - Brandenburg 11.9.1944) war SPD- und Reichsbannermitglied. Nach 1933 gehörte er der Widerstandsgruppe um Karl Heinrich an. Seine 1943 gemachten offenen Äußerungen gegenüber einem Bekannten brachten ihm eine Anklage vor dem Volksgerichtshof wegen „Wehrkraftzersetzung und zugleich der Begünstigung unserer Kriegsfeinde" ein. Dafür wurde er zum Tode verurteilt. (Sandvoß, aaO., S. 43f.) Seine Grabstätte findet sich auf dem Friedhof In den Kisseln, Spandau, Pionierstraße, Abteilung 139, Reihe 7, Nr. 29; Karl Pankrath „wurde kurz vor Ende der Gewaltherrschaft von SS in Spandau erhängt" (Sandvoß, aaO. S. 177).

Erwin Rührmund (*1904) brachte mehrfach seine „demonstrativ vorgebrachte kommunistische Gesinnung" in Haft. „Allem Anschein nach entließ man den offensichtlich ‘Unbelehrbaren’ nie mehr aus der Haft. Er hat das Ende der NS-Diktatur nicht erlebt" (Sandvoß, aaO., S. 58).

zurück