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NS-Zwangslager Marzahn - Luhgie von Klepacki

NS-Zwangslager Marzahn - Luhgie von Klepacki

Hamburg 1917 - Berlin (?) 2007

Otto-Rosenberg-Platz

Luhgie von Klepacki 1917 – 2007
Luhgie von Klepacki, Berufsmusiker, wurden 1917 in
Hamburg geboren. 1919 übersiedelten seine Eltern mit
ihm nach Berlin. Die Polizei internierte ihn und seine
Familie zeitweilig im Lager Marzahn.
»Am 19.4.1939 wurde ich zur Luftwaffe eingezogen. Am
15.12.1942 wurde ich aus »rassischen« Gründen entlassen.
Man befahl mir, mich bei der Gestapo am Alexanderplatz
bei einem Herrn Karsten zu melden. Karsten nahm Finger-
abdrücke und machte Fotos von mir. Ich bekam die Auf-
lage, Berlin nicht zu verlassen.«
Aus Angst vor der Einweisung in ein Konzentrations-
lager versteckte sich Luhgie von Klepacki bei Freunden.
Obwohl er in der Illegalität lebte, gelang es ihm mit
seinem Orchester bei privaten Veranstaltungen und in
Berliner Tanzlokalen aufzutreten. Kurz vor Kriegsende
wurde er denunziert, daraufhin verhaftet und dem Leiter
der Dienststelle für Zigeunerfragen bei der Kriminal-
polizeileitstelle Berlin, Leo Karsten, erneut überstellt.
»Ich wurde beschimpft und mißhandelt. Bei einer letzten
Vernehmung stieß man mich die Treppe hinunter, wobei
ich mir drei Finger der linken Hand brach sowie eine Wunde
am Kopf davon getragen habe. Außerdem ist mir durch
einen Faustschlag ein Zahn ausgeschlagen worden.«
Ein »Fliegendes Standgericht« verurteilte Luhgie von
Klepacki wegen angeblicher »Zersetzung der Wehrkraft«
zum Tode. »Dann haben sie mich in eine Todeszelle
gesteckt.« Mit der Befreiung Berlins durch die Rote Armee
kam es aber nicht mehr zur Urteilsvollstreckung. Nach 1945
arbeitete er wieder als Musiker, unter anderem auch für
den Berliner Rundfunk.

Luhgie von Klepacki (1917 – 2007)
Luhgie von Klepacki,
a professional musician, was born in Hamburg in 1917.
His parents moved to Berlin with him in 1919. The police
interned him and his family for some time in Marzahn
camp.
“I was drafted to the Luftwaffe on 19 April 1939. I was
discharged on ‘racial grounds’ on 15 December 1942.
I was told to report to a Mr. Karsten at the Gestapo
office at Alexanderplatz. Karsten took my fingerprints
and took photos of me. I was ordered not to leave Berlin.”
Afraid of being sent to a concentration camp, Luhgie von
Klepacki went into hiding at friends’ homes. Although
he was living underground he managed to perform with
his band at private events and in dance cafés in Berlin.
shortly before the end of the war he was denounced,
arrested and handed back to Leo Karsten, head of the
Office for Gypsy Affairs at the Berlin police criminal
investigation department.
“I was verbally abused and beaten. At the final inter-
rogation they pushed me down the stairs. The result was
three broken fingers on my left hand and a head wound.
I also lost a thooth from being punched in the face.”
Luhgie von Klepacki was sentenced to death by a flying
court-martial for allegedly undermining military morale.
“They put me in a cell on death row.” The liberation of
Berlin by the Red Army saved him from execution. After
1945 he resumed work as a musician, including for the
radio station Berliner Rundfunk.

(Die Bildunterschrift der Vorderseite lautet):
Luhgie von Klepacki (vorn rechts) mit seinem Tanzorchester, um 1937.

(die englische Bildunterschrift lautet:)
Luhgie von Klepacki (front, right) with his dance band, around 1937.

(Die Bildunterschriften der Rückseite lauten):
Konzert-Plakat (Ankündigung), Berlin 1948.

Konzert-Flyer (Ankündigung), Berlin 1948.

Luhgie von Klepacki (rechts) in der Uniform der Luftwaffe, Berlin, um 1940.

Wehrbezirkskommando Stendal an die Kriminalpolizeileitstelle Berlin, betr. »Entlassung von
Zigeunern aus dem Heeresdienst«, 23.3.1942. – Schon im November 1927 verfügte Himmler
in einem vertraulichen Erlass den Ausschluss von Sinti und Roma aus dem aktiven Wehrdienst.
Viele hatten jedoch schon im Kaiserreich und im Ersten Weltkrieg in der Armee gedient und
wurden 1939 zunächst wieder eingezogen oder meldeten sich freiwillig. 1940 ergingen weitere
Erlasse, und ab 1941 wurden Sinti und Roma schließlich grundsätzlich aus dem Wehrdienst
entlassen.

(die englischen Bildunterschriften lauten:)
Concert poster, Berlin 1948.

Concert notice, Berlin 1948.

Luhgie von Klepacki (right) in Luftwaffe uniform, Berlin, around 1940.

Letter from recruiting area headquarters at Stendal to Berlin police criminal investigation
branch regarding discharge of Gypsies from military service, 23.3.1942. Himmler already
issued a confidential decree in November 1937 ordering the exclusion of Gypsies from active
military service. But many Gypsies had served in the Army during the Empire and the First
World War, and were initially drafted again in 1939, or volunteered. Further decrees followed
in 1940, and from 1941 Sinti and Roma were discharged on principle from military service.

2011 entstand dieser Ort der Erinnerung und Information am authentischen Standort, bestehend aus insgesamt elf Metallstelen. Die Tafeln informieren über die Geschichte des Lagers und erinnern an das Schicksal der dort internierten Menschen, darunter vier biografische Tafeln. Detaillierte Informationen zu den elf Stelen finden sich im Erläuterungstext bei "NS-Zwangslager Marzahn - Sinti und Roma". Weitere Informationen und Kontakt: www.gedenkstaette-zwangslager-marzahn.de

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