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Gedenkort Rummelsburg Gruppe F Manfred Butzmann

*Potsdam-Bornim 14.9.1942

Friedrich-Jacobs-Promenade

[linke Spalte]
Ich bin Künstler und politisch mischte
ich mich als Künstler und vor Ort ein.
Seit 1970 bin ich als Grafiker tätig.
Am Abend des 8. Oktober 1989 suchte
ich meine Tochter, die an den Protesten
teilnehmen wollte. Meine Frau und ich
machten uns große Sorgen. Es hatte ja
schon am 7. Oktober so einen brutalen
Polizeieinsatz gegeben.
Wir lebten damals in Pankow und ich bin
mit dem Rad zur Gethsemane-Kirche in
Prenzlauer Berg gefahren. An der Pap-
pelallee/Ecke Stargarder standen die
Demonstranten einer Polizeikette ge-
genüber. Es waren viele junge Men-
schen da. Doch unsere Tochter war
nicht dabei. Ich wollte mit dem Einsatz-
leiter sprechen. Bloß keinen Schlag-
stockeinsatz, dachte ich mir. Aber ich
hörte nur die Durchsage: 22 Uhr 15,
Einsatz. Die Volkspolizisten prügelten
los. Mich schlugen sie auf meine Ober-
schenkel und auf die Hand, mit der ich
den Lenker umfasste, das tat besonders
weh. Dann wurde ich verhaftet.
Mit dem Bus brachten sie uns nach
Rummelsburg. Dort mussten wir uns
in einer Garage mit dem Gesicht zur
Wand aufstellen. Vier Stunden standen
wir so. Dann kamen wir in eine Sam-
melzelle im Keller, es folgten eine Ver-
nehmung und später die Freilassung.
Anfang November 1989 wurde ich als
Betroffener und Vertreter des Künstler-
verbandes Mitglied einer unabhängigen
Untersuchungskommission, die nur
aus DDR-Bürgern bestand. Wir wollten
die brutalen Polizeieinsätze untersuchen
und Verantwortliche dafür finden. Im
Dezember 1989 gaben wir die Bro-
schüre „Ich zeige an“ mit Gedächtnis-
protokollen von Verhafteten heraus.
Vertreter der Staatsmacht wurden
vorgeladen, darunter Egon Krenz,
der Nachfolger Erich Honeckers und
der Berliner SED-Bezirkschef Günter
Schabowski. Wir forderten auch die
Verhaftung von Stasi-Chef Mielke.
Diese Kommission war wichtig, so etwas
hatte es vorher hier noch nie gegeben!“

[rechte Spalte]
Manfred Butzmann
geb. 1942

I am an artist and I became involved
politically both as an artist and one of
the locals.
On the evening of 8 October 1989, I was
looking for my daughter, who wanted
to join in the protests. My wife and I
were very worried. After all, there had
been a very brutal police operation on
7 October. I cycled to the Gethsemane
Church in Prenzlauer Berg. Demonstra-
tors were standing opposite a line of
police at the corner of Pappelallee and
Stargarder Straße. There were lots of
young people there. But our daughter
wasn’t among them. I wanted to speak
to the officer-in-charge. Anything but
batons, I thought to myself. But all I
heard was the announcement: 10.15
p.m., operation. The People’s Police
started beating people. They hit me on
the upper thigh and on the hand hold-
ing the handlebar. That really hurt. Then
I was arrested.
They took us by bus to Rummelsburg,
where we had to stand in the garage
with our faces to the wall and the
guards behind us. We stood like that
for four hours. We were then put in a
bullpen in the cellar. Then they inter-
rogated us and later set us free. At the
beginning of November 1989, I, as one
of those affected and as a representa-
tive of the artist’s association, was
member of an independent investiga-
tive committee, which consisted of East
German citizens only. We wanted to
investigate the brutal police operations
and identify those responsible. In
December 1989, we published the
brochure ‘Ich zeige an’ (I Accuse) along
with the memory minutes of those ar-
rested. Representatives of the state
were summoned, among them Egon
Krenz (the successor to Erich Honecker)
and the head of the Berlin Branch of the
SED. We also demanded the arrest of
Stasi boss Mielke, which later took place.
This commission was important. Noth-
ing like this had happened in the past!

Die Stele gehört zu einer Dreiergruppe zusammen mit den Stelen für Evelyn Zupke und Jörg Zickler an der Friedrich-Jacobs-Promenade südlich der Erich-Müller-Straße. In ihrem oberen Teil befindet sich ein Foto Butzmanns.
Über der linken Spalte befindet sich die Reproduktion einer Zeichnung mit der Bildunterschrift:
„Gegen den Machtmissbrauch“, Oktober 1989
“Against the Misuse of Power”, October 1989
(Zeichnung /drawing: Manfred Butzmann)

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